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23. Neujahrsempfang der SPD Weilimdorf – „Es gibt nur den einen Weg sich selbst zu engagieren“

Der Neujahrsempfang der SPD Ortsvereine Weilimdorf und Giebel sowie der SPD Bezirksbeiratsfraktion fand dieses Jahr zum 23. Mal in Folge statt. Als Gastrednerin konnte Verena Bentele, Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung, begrüßt werden.

Zum 23. Neujahrsempfang konnte der Vorsitzende des Ortsvereins Weilimdorf Eberhard Keller, sehr viele Gäste begrüßen. Unter ihnen weilten neben der Hausherrin, Bezirksvorsteherin Ulrike Zich und ihrer Stellvertreterin Jutta Dünkel-Mutschler auch die SPD Bundestagsabgeordnete Ute Vogt, der SPD-Bundestagskandidat für den Stuttgarter Norden, Michael Jantzer, zahlreiche Vertreter aus dem Gemeinderat und dem Bezirksbeirat sowie Vertreter der Weilimdorfer Vereine, Schulen, Kirchen und Institutionen.

Besonders begrüßte Keller die Gastrednerin des Abends, Verena Bentele. Die auf dem elterlichen Bauernhof am Bodensee aufgewachsene Bentele dürfte vielen in ihrer Eigenschaft als erfolgreiche Wintersportlerin bekannt sein. Die von Geburt an blinde Sportlerin hat vier Mal an den Paralympics teilgenommen und in den Disziplinen Skilanglauf und Biathlon insgesamt 12 Gold, zwei Silber und 2 Bronzemedaillen gewonnen. Die erste Goldmedaille übrigens 2010 als damals 16-jährige bei den Paralympics im kanadischen Vancouver. Darüber hinaus hat Bentele mehrere Medaillen bei Weltmeisterschaften errungen und war mehrfache Siegerin des Gesamtweltcups im Biathlon und im Langlauf. Seit 2015 ist sie Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung.

In seiner Begrüßungsansprache hielt Keller mit Nachdruck fest, dass die derzeitigen Entwicklungen in der Weltpolitik etwa in Amerika aber auch in Deutschland in einer Zeit in der „Alternative Fakten“ scheinbar immer häufiger zur wirklichen Wahrheit werden, Grund zur Sorge bestehe. „Großmannssucht war noch nie ein guter Ratgeber“, hielt Keller fest und verwies in dem Zusammenhang auf die Deutsche Geschichte, und deren dunkelste Kapitel. „Das sollte uns allen Mahnung sein, uns für eine Zukunft in Frieden einzusetzen. Hoffnungsvoll stimme ihn die Kanzlerkandidatur von Martin Schulz, einem Mann der für ein weltoffenes und solidarisches Europa stehe, so Keller.

In der Kommunalpolitik stehe in Stuttgart der neue Doppelhaushalt an. Im Haushalt würden die Weichen auch für Themen wie die Bildungspolitik gestellt. In dem Zusammenhang bemängelte Keller die derzeitigen Entwicklungen in der Landesregierung in Sachen Bildungspolitik. Bildung sei das wichtigste gut. In dem Bereich dürfe es keine Einsparungen geben. Mit bedauern habe man auch feststellen müssen, dass der Wunsch, die U13 nach Giebel und Hausen zu verlängern in der Region durchgefallen sei. Das Projekt sei sehr wichtig um die Mobilität insbesondere von älteren Menschen sowie von Kindern und Jugendlichen auch zukünftig zu sichern.

An der Ausrichtung des Haushalts der Landeshauptstadt könnten sich die Bürger im Rahmen des Bürgerhaushalts beteiligen. Dies sei wichtig, um auch Projekte aus dem Stadtbezirk voran zu bringen. Hier warnte Keller davor die Angebote in den Stadtbezirken einzuschränken. In Weilimdorf habe man schon erfahren müssen, dass Angebote abgezogen werden. „Es ist wichtig, dass die Bezirksbeiräte in der Sache immer aufmerksam sind“, so Keller.

Der Vorsitzende des Ortsvereins nannte in Sachen Haushalt auch einige für Weilimdorf wichtige Projekte. Zum einen sei das die Weiterentwicklung der Gemeinschaftsschule Weilimdorf und den dringend nötigen Bau von Mensen in allen Weilimdorfer Schulen. Auch die Erweiterung des Pavillons der Mobilen Jugendarbeit sei dringend nötig. Nicht unerwähnt ließ Keller auch den lange gehegten Wunsch der Weilimdorfer nach einem Bürgersaal mit Forum und den seit Jahren vom Jugendrat verfolgten Wunsch nach einem Schwimmbad. Auch das Thema barrierefreier Ausbau der Haltestellen des ÖPNV in Stuttgart erwähnte Keller in dem Zusammenhang. Mit den Mitteln die derzeit dafür im Haushalt jährlich eingestellt sind daure der Umbau aller Haltestellen in der Landeshauptstadt noch 67 Jahre. „Das Thema sollte sich also der Jugendrat auf die Fahnen schreiben“, meinte Keller ironisch.

„Vielfalt als Chance in einer Gesellschaft für Alle“ war der Vortrag von Verena Bentele überschrieben. Und auch Bentele richtete den Blick zunächst nach Amerika. Dort, aber auch anderswo auf der Welt würden Menschen ausgegrenzt. Dem gelte es entgegenzutreten.

„Wir haben in Zukunft spannende Entscheidungen zu treffen“, so Bentele weiter. „Auch was die Themen Vielfalt, Mobilität und Barrierefreiheit betrifft“. Je mehr Menschen den öffentlichen Nahverkehr nutzen könnten, desto weniger müssten täglich mit dem eigenen Auto unterwegs sein. „Die Stuttgarter können darüber ein Lied singen“, stellte Bentele fest. Mobilität sei aber auch ein gutes Beispiel für Inklusion. Der behindertengerechte Ausbau der Haltestellen in Stuttgart werde hoffentlich nicht mehr 67 Jahre dauern. Es gebe in Deutschland aber auch noch zahlreiche Bahnhöfe an denen Menschen mit Behinderung nicht aussteigen können. Auch dass müsse sich schnellstmöglich ändern.

Ein weiteres Thema sei die Sprache, so Bentele. „Wir haben das Phänomen, dass Menschen oft erklären sie würden nicht verstehen was Politiker sagen oder was in Formularen steht. Nun habe man die Regelung getroffen, dass Formulare mit einfachen Worten erklärt werden müssen, so dass sie auch Menschen mit Sprachbarrieren verstehen. „Das ist im Fall des Rentenbescheids eine gute Sache, denn den versteht keiner“, erklärte Bentele und hatte die Lacher auf ihrer Seite.

„Auch wenn wir wollen, dass sich die Menschen beteiligen und wir wissen wllen was die Menschen brauchen ist Sprache ein wichtiges Thema“, hielt die Beauftragte der Bundesregierung weiter fest. Deshalb sei es eine gute Sache, dass es bei der Bundestagswahl die Informationen der SPD wieder in einer leicht verständlichen Sprache gebe. „Ich bin überzeugt, dass leicht verständliche Sprache auch die enttarnt, die gegen Toleranz und Vielfalt sind“. Leichte Sprache mache schnell deutlich, wer für Ausgrenzung ist und wer für Inklusion.

„Es ist wichtig, dass wir in Baden-Württemberg auf dem Weg der Inklusion bleiben“, so Bentele weiter. Nur wenn sich Menschen mit und ohne Behinderung schon in den Schulen kennen lernen werde man auch am Arbeitsplatz mehr Inklusion hinbekommen. „Inklusive Bildung ist das Grundgebot für eine Gesellschaft, in der bunt die wichtigste Farbe ist“.

Auch das Thema Wohnen nannte Bentele in dem Zusammenhang. Es gebe immer mehr ältere Menschen, die in ihren eigenen vier Wänden bleiben wollen. Insbesondere in großen Städten wie Stuttgart gebe es dafür aber nicht genügend bezahlbaren und barrierefreien Wohnraum. Entsprechenden Wohnraum zur Verfügung zu stellen sei auch ein Gradmesser für Vielfalt.

Zuletzt sprach Bentele schließlich noch das Teilhabegesetz mit dem im vergangenen Jahr die Hilfen für Menschen mit Behinderung neu geregelt wurden. Unter sei darin auch geregelt ob und wann Menschen mit Behinderung eine Assistenz erhalten wenn sie sich ehrenamtlich engagieren. Assistenz würden Menschen mit Behinderung nur dann erhalten, wenn diese nicht durch Freunde oder Familie abgedeckt werden kann. „Meine Familie und meine Freunde unterstützen mich bei meinen ehrenamtlichen Aktivitäten gerne, sie wären aber nicht Böse wenn die Aufgabe auch mal andere übernehmen dürften“, erklärt die Behindertenbeauftragte. Hier müsse nachgebessert werden, den Beteiligung im Ehrenamt sei wichtig, auch die Beteiligung von Menschen mit Behinderung,

Die Erfahrung zeige, dass die Beteiligung von Menschen mit Behinderung in allen Gruppen der Gesellschaft und der Politik etwas verändere. „Es gibt nur den einen Weg , sich selbst zu engagieren – im Verein bei der Feuerwehr in den Kirchen, den Parteien und Verbänden“, so Bentele. „Wir können dann auch Mitgestalten und das ist der Lohn einer Gesellschaft, die alle mitnehmen will“. Es sei gut, dass es viele Menschen gibt, die sich engagieren und das es Menschen gibt, die bereit sind über Politik zu sprechen und zu diskutieren. Mit Blick auf die Bundestagswahl im Herbst hielt Bentele abschließend fest: „2017 ist ein Jahr in dem sich zeigen wird, ob und wie unsere Werte standhalten und ob wir bereit sind, dafür zu kämpfen“.

Nach einer kurzen Vorstellung des Bundestagskandidaten Michael Jantzer oblag das Schlusswort wieder Eberhard Keller. Der bedankte sich bei Bentele für ihre eindrucksvolle Rede und überreichte ihr ein kleines Dankeschön. Sein Dank galt auch all jenen, die zum Gelingen der Veranstaltung beigetragen haben. Für das Catering habe wie schon in den vergangenen Jahren das „Cube“ im Behindertenzentrum Feuerbach gesorgt. Abschließend wünschte Keller allen Anwesenden ein erfolgreiches neues Jahr.
Text/Fotos: Tommasi

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