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Wie die Straßenbahn nach Weilimdorf kam

(EJ) Zum 25. Mal luden die Veranstalter (Bezirksamt Weilimdorf, Naturfreunde, das Forum, Weilimdorfer Heimatkreis) zum Literarischen Spaziergang ein. Mit dem Thema “Wie die Straßenbahn nach Weilimdorf kam” stieß dieser Spazierweg bei über 60 Bürgerinnen und Bürgern auf Interesse.

Unter der Führung des ehemaligen Chefplaners der Stuttgarter Straßenbahnen AG Christoph Schmid, konnten die Gäste erfahren, wie schwierig es war, bis endlich Weil im Dorf einen Anschluss an das Stuttgarter Straßenbahnnetz erhielt. Christoph Schmid betrachtete im Wesentlichen den Zeitraum von 1832 bis 1926. Die Idee zum Bau und Betrieb einer Straßenbahn hat seinen Ursprung in New York mit einer Pferdeeisenbahn zwischen Manhattan und Brooklyn.

In Europa wurde diese Idee fortgesetzt und zwar in Paris bei den Vorbereitungen zur Weltausstellung 1889. Davon begeisterte sich der Unternehmer Georg Schöttle, bewandert als Architekt, Zulieferer von Baugeräten, so sehr, dass er bei der Regierung eine Genehmigung beantragte, für eine Strecke von seinem Wohnort in Berg bis zum Archiv am Charlottenplatz. Die Strecke war 3,3 km lang. Sie wurde am 28.07.1868 eröffnet als SPE (Stuttgarter Pferdeeisenbahn) und gilt als Geburtstag der Stuttgarter Straßenbahnen AG.

Launige Verse zum jeweiligen Thema, vorgetragen von Christoph Schmid, trugen dazu bei, dass von so vielen Fakten niemand ermüdete. In den Jahren bis 1895 war es stets die zunehmende Zahl der Fahrgäste, die den Ausbau des Straßenbahnnetzes mit neuen Linien forderte. Die Stuttgarter Topographie erschwerte allerdings die Pferdebetriebe, trotz des konkurrierenden Betriebs mit der “Neuen Stuttgarter Straßenbahn” (NSS). Auf der Suche nach anderen Antriebstechniken wurde in 1891 bis 1895 das gesamte Netz auf elektrischen Antrieb umgestellt. Umliegende Gemeinden bekundeten ebenfalls den Wunsch zum Anschluss an das Stuttgarter Netz. Die parallel im Bau befindliche Württembergische Schwarzwaldbahn von Stuttgart nach Calw war für eine kleinzellige Erschließung nur bedingt geeignet, so dass das Straßenbahnnetz unter dem Begriff “Vorortbahn” expandierte, unter anderem mit der Strecke von Cannstatt über den Pragsattel nach Feuerbach am 01.08.1905.

Laufende Bemühungen der im Verkehrsschatten liegenden Gemeinden Weil im Dorf und Gerlingen zum Anschluss an die Vorortbahn an der Endhaltestelle Feuerbach, hatten – trotz vieler Streitigkeiten – schließlich Erfolg: Bau und Betrieb der Verlängerung von Feuerbach nach Weil im Dorf und Gerlingen wurde am 28.03.1914 genehmigt. Der Ausbruch des 1. WK am 28.07.1914 verhinderte allerdings die praktische Umsetzung.

Bedenken der betroffenen Akteure führten zur Erkenntnis, insbesondere Dank des vorbildlichen Oberbürgermeisters von Feuerbach, Wilhelm Geiger, zur Planung einer eigenen Straßenbahnstrecke, der Geburtsstunde der “Städtischen Straßenbahn Feuerbach” (SSF). Erste Baumaßnahmen begannen nach Kriegsende am 28.01.1926, obwohl die Genehmigung erst im Juni 1926 erteilt worden war. Unstimmigkeiten unter den Beteiligten wurden ausgeräumt durch die Aufspaltung der Strecke in Weilimdorf am Löwenplatz. Die Fahrt Richtung Gerlingen erfolgte über die Solitudestraße und die Fahrt in Richtung des damaligen Zentrums Weilimdorf (Altes Rathaus) durch die Glemsgaustraße – damals hieß sie Hauptstraße. Die Endhaltestelle in der Ortsmitte lag an der Gaststätte Adler, aber mit der Option zur Fortsetzung nach Ditzingen. Im Eiltempo erfolgte im Jahr 1926 der Bau, die Fahrzeugbestellung, Abstellung und das Personal, so dass tatsächlich am 30.12.1926 mit großer Feier bei winterlicher Kälte die Probefahrt mit den Honoratioren durchgeführt werden konnte.

Die Eröffnung der Straßenbahn war auch eine Unterstützung im Bemühen um eine Eingemeindung von Weilimdorf nach Feuerbach, die am 27.11.1928 durch ein Gesetz beschlossen wurde. Vier Monate nach Hitlers Machtergreifung zum 01.01.1933 wurde Feuerbach mit Weilimdorf allerdings zwangsweise nach Stuttgart eingemeindet. Im Jahre 1938 ist die Haltestelle am Löwenplatz baulich erweitert worden und dabei, der Abzweig zum Rathaus stillgelegt worden.

Eine Straßenbahn in der alten Ortsmitte gab es also nur 12 Jahre lang. Gibt der geplante Halt im Stadtteil Hausen Hoffnung auf eine Verlängerung nach Ditzingen? Die Option einer Verlängerung nach Ditzingen, nimmt Schmid zum Anlass für einen Blick in die Zukunft. An Hand eines Plans der SSB erläutert er die geplante Strecke zum geplanten Stadtbahnbetriebshof an der Grenze zum Gewerbegebiet Ditzingen-Ost und die Endhaltestelle der Stadtbahnliníe U13 im Stadtteil Hausen.

So könnte die Stadtbahn bis in das Ditzinger Gewerbegebiet und gar bis zur Verknüpfung des Bahnhofs Ditzingen verlängert werden. Christoph Schmid ist überzeugt, dass zum 100- jährigem Jubiläum der Straßenbahn nach Weilimdorf ebenso die Neubaustrecke nach Hausen im Jahr 2026 eröffnet werden kann. Die Vorbereitungen dazu sind im Gange.

Mit viel Beifall bedankten sich die nun gut informierte und gut unterhaltene Gäste bei Christoph Schmid.

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