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12. Stolperstein in Weilimdorf verlegt: Gedenkstein für Gustav Osswald

“Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist”, heißt es im Talmud, einem der bedeutensten Schriftwerke des Judentums. Um die Menschen, die von 1933 bis 1945 durch die Nationalsozialisten verfolgt und ermordet wurden, vor dem Vergessen zu bewahren, verlegt die Stolperstein Stifung weltweit Gedenksteine. Gunter Demnig verlegte vor der Fehrbelliner Straße 57 nun den 12. Stolperstein in Weilimdorf.

Mehr als 20 WeilimdorferInnen waren am 11. Juli 2018 zur Stolpersteinverlegung gekommen. Es ist “erst” der 12. Stolperstein für Weilimdorf, der nun Gustav Osswald, geboren 1870, vergast von den Nationalsozialisten am 11. Juni 1940 in Grafeneck, gedenkt. Sein Vergehen bzw. die “Diagnose”, die zu seiner Ermordung im Rahmen der “Aktion T4” (das für “Tiergarten 4” in Berlin steht und damit die Adresse der Nazi-Zentrale, in der Behindertenmorde geplant wurden) führte: “Senile Demenz”.

Gustav Osswald ist relativ unbekannt: sein Bruder Wilhelm aus Stuttgart ist nicht zu ermitteln, sein Vater ist verschollen, seine Mutter zum Zeitpunkt seiner Festnahme 1936, in Folge derer er in die Heilanstalt Winnental eingewiesen wurde, bereits verstorben. Am 11. Juni 1940 wurde Osswald von den berüchtigten “Grauen Bussen” mit vielen anderen Patienten aus Winnental abgeholt, nach Grafeneck gebracht und am selben Tag in einer zur Gaskammer umgebauten Garage der Einrichtung vergast.

Die heutige Fehrbelliner Straße hieß übrigens bis 1938 “Lichtensteinstraße”. Dies, aber auch die verschollenen wie verstorbenen Familienmitglieder Osswalds machten die Recherche für die Stolpersteininitiative sehr schwierig: “Nur wenige Informationen haben mein Mann und ich über Gustav Osswald bei unseren Recherchen im Staatsarchiv Ludwigsburg und im Stadtarchiv Stuttgart herausfinden können”, so Hildegard Wienand von der Stolperstein-Initiative Stuttgart.

Dieser zwölfte Stein in Weilimdorf ist sehr wichtig, “damit das, was geschehen ist, nicht vergessen wird. Diese Zeit und Geschehnisse waren kein Vogelschiss!”, so Wienand im Gespräch mit anwesenden Weilimdorfern in Anspielung auf die die Hitlerzeit relativierenden Aussagen von AfD-Bundestagsmitglied und AfD-Chef Gauland.

In Feuerbach wurden bereits 45 Stolpersteine verlegt, in Stuttgart sind es fast 1.000, in 21 europäischen Ländern wurden mittlerweile rund 69.000 Stolpersteine verlegt. Die Nazis ermordeten zwischen 1933 und 1945 in Europa zwischen 5,6 und 6,3 Millionen Menschen.

Die erste “Stolperschwelle” außerhalb von Europa, so Hildegard Wienand beim Gedenken an Osswald erläuternd (siehe Foto rechts), wurde im Herbst 2017 in Südamerika in Argentinien in Buenos Aires verlegt. Diese erinnert nun an die Kinder, die zwischen 1933 und 1945 aus Europa vor den Nazis fliehen mussten.

Tiefergehende Informationen zur Stolperstein-Stifung und Arbeit von Gunter Demnig (im Bild rechts) gibt es auch auf der Webseite www.stolpersteine.eu. Wer in Stuttgart sein Wissen und Mithilfe einbringen will, kann die Initiative unter www.stolpersteine-stuttgart.de kontaktieren.

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