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40 Teilnehmer beim Literarischen Spaziergang trotz Regen

Fast 40 Weilimdorferinnen und Weilimdorfer folgten am vergangenen Dienstag, 6. Oktober 2015, der Einladung zum 9. Literarischen Spaziergang, diesmal unter der Führung von Christoph Schmid, Delegierter des Stadtseniorenrats.

Fast 40 Weilimdorferinnen und Weilimdorfer folgten am vergangenen Dienstag, 6. Oktober 2015, der Einladung zum 9. Literarischen Spaziergang, diesmal unter der Führung von Christoph Schmid, Delegierter des Stadtseniorenrats.

Wie schon bei den seitherigen Spaziergängen sind außer dem Stadtseniorenrat der Stadtbezirk, das Forum Weilimdorf, die Naturfreunde und der Weilimdorfer Heimatkreis beteiligt. So freute sich Edeltraud John vom Forum Weilimdorf und Heimatkreis trotz des regnerischen Nachmittags über die zahlreiche Beteiligung. In ihrer Begrüßung versprach sie einen lehrreichen und spannenden Spaziergang. Thema waren der Tachensee und das Naturschutzgebiet Greutterwald. Zur Entstehung des in Stuttgart einzigartigen natürlichen Sees und zur Geschichte des Landhauses beantwortete Ulrich Ziegler, der Enkel des bekannten Landschaftsmalers Otto Reiniger und jetzigen Eigentümers des Gebäudeensembles ausführliche die Fragen der Teilnehmer.

Das private Anwesen rund um den Tachensee geht zurück auf die Geschichte Korntals und des damaligen Leiters des Knabeninstituts, Professor Pfleiderer. Er führte in Korntal ab 1848 den Sportunterricht ein und errang damit internationalen Ruf. Damit sich der Wert der Leibesübungen erfolgreich auswirken konnte, erwarb er 1862 das ca. 8 ha großen Geländes rund um den Tachensee. 1880 verließ Pfleiderer Korntal und wurde Leiter einer Evangelistenschule in Barmen bei Wuppertal. Die Gemeinde Korntal nahm das Knabeninstitut wieder in eigene Hände. Nach dem Tod Pfleiderers in 1897 ging das Interesse der Familie an dem Anwesen mehr und mehr verloren.

Parallel dazu war der Marchese Silvio della di Casanova (1861 – 1929) ein gern gesehener Gast der Familie. Casanova, geboren in Turin, war Sohn des aus Neapel stammenden Marchese Frederico della Valle die Casanova, studierte Musik in Stuttgart und war auch Dichter. Eine Leidenschaft von ihm waren Bilder aus der Epoche des Impressionismus (1890 – 1910). Silvio della die Casanova sammelte vor allem die Bilder des Malers Otto Reiniger, der in Stuttgart, in der Nähe der heutigen Otto-Reiniger-Straße, sein Atelier hatte. Als dieses durch einen Brand zerstört war, konnte er auf Vermittlung seines Freundes Silvio von der Familie Pfleiderer das Anwesen am Tachensee erwerben. Otto Reiniger starb leider zu früh – schon im Alter von 46 Jahren im Jahr 1909. Die Sammlung seiner Bilder übergab der Marchese im Jahre 1924 an die Galerie der Stadt Stuttgart. Otto Reinigers Bilder bildeten zusammen mit den Werken der Maler Hermann Pleuer und Christian Landenberger den Grundstock der städtischen Sammlung.

Der Impressionismus um die Jahrhundertwende inspirierte nicht nur die Bildende Kunst, sondern auch die Literatur. So war es naheliegend, dass Christoph Schmid für den Literarischen Spaziergang Gedichte des Marchese Silvio della di Casanova und Gedichte von Hermann Hesse vorwiegend zum Thema „Herbst“ ausgesucht und vorgetragen hat.

Nach einem Rundgang um den Tachensee ging die Gruppe durch den Greutterwald bis zu den Streuobstwiesen zwischen der Grefstraße und dem Waldrand. Christoph Schmid erinnerte daran wie schwierig es war, bis 1984 das Naturschutzgebietes Greutterwald vom Regierungspräsidium angeordnet werden konnte. Die Streuobstwiese mit etwa 1400 Obstbäumen ist zwar nur ein kleiner Teil des Naturschutzgebietes, spielt jedoch bei der Anordnung auf Grund ihrer vielfältigen Flora und Fauna eine wichtige Rolle. Die Flächen sind zum großen Teil Privatbeseitz, weil um die Jahre 1970 die Obstbaumwiesen als vermeintliches Bauerwartungsland erworben und dann meist vernachlässigt wurden. Dank dieser extensiven Bewirtschaftung konnte sich der erstaunliche Lebensraum zahlreicher seltener und besonders gefährdeter Tiere – vor allem von Fledermäusen, Vögeln, Amphibien und Insekten entwickeln, so der Regierungspräsident Johannes Schmalzl bei der Feier zum 30jährigen Bestehen des Naturschutzgebietes im Jahr 2014.

Christoph Schmid verwies in diesem Zusammenhang auf die kürzlich eröffnete Diskussion um den Schleichwegverkehr in der verlängerten Grefstraße zum Gewerbegebiet in Zuffenhausen, früher SEL, heute Porsche. Wegen der zwischenzeitlich ausreichenden verkehrlichen Erschließung über die L 1143 (Nordseestraße) gibt es keinen Grund, die zeitweise Benutzung des Wegs für den Kfz-Verkehr – mitten durch das Naturschutzgebiet – beizubehalten. Es ist Zeit für eine entsprechende Anweisung des Regierungspräsidiums an die städtische Straßenverkehrsbehörde.

Seit 2001 ist die Fläche des Naturschutzgebiets zusätzlich in der Gebietskulisse der Natura 2000 als Flora- Fauna- Habitat (FFA)-Gebiet gemeldet. Ein sogenannter Managementplan wird von der Landesverwaltung aufgestellt. Bei nachlassendem Regen gingen die Teilnehmer zurück in den Greutterwald Richtung Lemberg.

Die Mergelgrube „Kotzenloch“ am Lemberg und der „Bergheimer Hof“ werden voraussichtlich u. a. als Ziel für 2016 auf der Liste der Organisatoren des Literarischen Spaziergangs stehen.

Christoph Schmid

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