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Bebauungspläne im Bezirksbeirat – von Vorschriften und anderem Beamtendeutsch

Die gleich im Dreierpaket vorliegenden Bebauungspläne “mit Satzung über örtliche Bauvorschriften” für den Gäublick, die Bergheimer Siedlung und Ditzinger Straße wurden für die zahlreichen anwesenden Anwohner zum Zeitvertreib der besonderen Art. Ging es doch darum zu klären, wieviel Steigung eine Garageneinfahrt braucht, wie groß ein Wendekreis eines PKW ist und wie breit eine ehemalige Ausfallsstraße sein darf. Letztlich im Galopp ließ sich nur der Bebauungsplan Bergheimer Siedlung verabschieden, der bereits in vielen Vorsitzungen des Bezirksbeirates behandelt wurde. Doch als erstes war der Bebauungsplan für die letzte verbliebene Freifläche zwischen Gäublick, Dachtler Straße und Lindenbach zum Zankapfel zwischen Architekt Brettschneider und Herrn Härle vom Referat Städtebau auf der einen und den Bezirksbeiräten auf der anderen Seite geraten. Besagter relativ steiler Südhang im Herzen Weilimdorfs soll, so es durchführbar wird, teilweise bebaut werden: und zwar mit zwei Doppelhäusern und einem Einfamilienhaus. Doch die Bezirksbeiräte zeigten sich kampfeslustig (wohl weil in den letzten Wochen ihre Entscheidungen im Gemeinderat regelmäßig ignoriert wurden) und boten Brettschneider und Härle hartes Paroli. Speziell die geplante Garagenausfahrt auf die Straße Gäublick war im Visier der Lokalpolitiker, der, so Härle, “nur einige” Stellplätze für PKW auf der Straße zum Opfer fallen würden und ein Wendekreis von 5 Metern als ausreichend anzusehen ist. Und diese wenigen “einigen” wegfallenden Stellplätze waren den Bezirksbeiräten “einige” zuviel, ebenso der knapp bemessene Wendekreis. Denn immerhin geht es hier nicht um Häuserprojekte aus dem “preiswerten Wohneigentum” sondern um gehobene “Kundschaft”, bei der durchaus zu erwarten ist, dass sie schon ein wenig größere Autokaliber fahren dürften (wobei sich die Frage stellt, ob und warum Familien mit Kindern keinen E-Klasse-Kombi fahren dürfen/können/müssen?!) und die 5 Meter Wendekreis dadurch zu wenig seien. Zum anderen sind in den Augen der Bezirksbeiräte die Abwasserkanäle, in die die Zuflüsse der Neubauten gingen, zu klein. Auch die klimatischen Einflüsse der Häuser wären auch nicht ausreichend berücksichtigt. Speziell was die geplante “Ausgleichsfläche” der Natur für dieses Grundstück in Zazenhausen zu suchen hätte, war die Frage. SPD-Bezirksbeirat Dieter Benz fasste es schlicht zusammen: “5 Wohneinheiten sind zuviel, eine alleine wäre besser!”. FDP-Vertreter Bernd Klingler sah die Ausgleichsfläche für die Natur in Zazenhausen nicht als “globale Lösung” an – denn wenn er “rückwirkend die bepflanzten ‘Ausgleichsflächen’ im Weilimdorfer Bezirk betrachte ist Zazenhausen noch nicht weit genug weg!” Am Ende half hier nur eine Sitzungsunterbrechung weiter, in der sich die Fraktionsvertreter letztlich darauf einigten, dass sie den vorliegenden Bebauungsplan “zur Kenntnis nehmen”, ihn jedoch zur Nachbesserung der Fragen zum Kanalbau, der Garageneinfahrt und Löschung einer Wegbeschreibung im Text an das Referat Städtebau zurückweisen.

Ein wenig “durchschnaufen” konnte Härle dann wie eingangs erwähnt bei der Bergheimer Siedlung, dessen Bebauungsplan von den Bezirksbeiräten lobend abgesegnet wurde und die Anwohner nun in Kürze zum Aus- und Umbau ihrer Eigenheime schreiten können. Doch beim Bebauungsplan Ditzinger Straße schieden sich wieder die Geister. An der ehemaligen Ausfallstraße nach Ditzingen ist – seit dem Bau der Umgehungsstraße der B295 für Weilimdorf – ländliche Ruhe eingekehrt. Das lockt die Baulust und so haben sich nun statt einem gleich drei Investoren gefunden, die am nördlichen Rand neben dem Hörnleshof Doppelhäuser und Mehrfamilienhäuser errichten wollen. Hierbei soll das mittlere Neubaugebiet komplett mit einer Tiefgarage unterkellert werden, um die Autos der Neuanwohner von der Ditzinger Straße herunter zu bekommen. Doch das waren dann schon die Gemeinsamkeiten, es stand wieder die Frage der “Ausgleichsflächen” an: denn wer einen Acker durch zwei teilt, eine Hälfte fruchtbaren Bodens dem Bauern läßt sowie die andere Hälfte wiederum zu 50 % bebaut und zu 50 % als “private Grünfläche” deklariert, muss mit Gegenreaktionen rechnen. Und so wurde durch Herrn Härle klargestellt, dass die “private Grünfläche” (jetzt noch fruchtbarer Acker) durch die Hinzuziehenden bewirtschaftet und mit kleinen Parzellen bzw. als Streuobstwiese umgestaltet werden soll. Auch warum die derzeit gut 8 Meter breite Ditzinger Straße an dieser Stelle auf 5,5 Meter zurückgebaut werden soll, mit “Baumnasen” versehen wird und dazwischen linksseitige Parkplätze als Stellplätze entstehen, konnte geklärt werden: Diese doch recht teure Umgestaltung muss nämlich nicht die planende Stadt Stuttgart bezahlen, das wird per Bebauungsplanbeschluss einfach auf die Bauherren abgewälzt. Und selbst die notwendige Erweiterung der bestehenden Kindertageseinrichtungen für die neu hinzuziehenden Kinder in diesem Wohngebiet ist kostentechnisch bereits geklärt: von den 450.000 Euro werden 72.000 Euro von den planungsbegünstigten Eigentümern übernommen. Bleibt nur zu hoffen, dass dieses Geld auch rechtzeitig investiert wird und die Kindertageseinrichtungen VOR dem Zuzug der Familien mit Kindern erweitert werden und nicht erst Jahre später…

Foto: die geplante Bebauung am Gäublick sorgte für Diskussionsstoff im Bezirksbeirat.

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