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Bischof Fürst feiert Pontifikalrequiem in Rottenburg und Stuttgart

Die Nachricht vom Tod von Papst Johannes Paul II. am späten Samstagabend ist in der Diözese Rottenburg-Stuttgart wie überall in der Welt mit großer Trauer aufgenommen worden.

In Rottenburg und an vielen anderen Orten in der Diözese läuteten Glocken als Zeichen der Anteilnahme. Bischof Gebhard Fürst begab sich noch am Samstagabend in den geöffneten Dom, um gemeinsam mit anderen Gläubigen in Stille und im Gebet von dem verstorbenen Heiligen Vater Abschied zu nehmen. Ein Pontifikalrequiem für den Verstorbenen wird Bischof Fürst am kommenden Dienstag (5. April) um 19 Uhr im Rottenburger Dom und am Mittwoch (6. April) um 18:30 Uhr in der Stuttgarter Domkirche St. Eberhard feiern

Bereits am Sonntag um 12 Uhr wurden in allen Kirchen der Diözese die Glocken zehn Minuten lang als Zeichen der Trauer geläutet. Außerdem läuten die Glocken bis zur Beisetzung des Papstes auch jeden Mittag nach dem Angelusgebet um 12:05 Uhr. Alle Pfarrkirchen und kirchlichen Gebäude werden bis zur Beisetzung auf Halbmast beflaggt. Auch in den Pfarrgemeinden soll in den nächsten Tagen ein feierliches Requiem für den Verstorbenen gehalten werden. Alle Priester der Diözese sollen darüber hinaus einmal die heilige Messe für Johannes Paul II. feiern. An den Tagen bis zum Begräbnis werden die Gemeinden zum Rosenkranzgebet für den Heiligen Vater einladen. Nach der Beisetzung soll bei den Fürbitten für die bevorstehende Wahl des neuen Papstes gebetet werden.

Das Pontifikat von Johannes Paul II. war mit über 26 Jahren das zweitlängste in der Kirchengeschichte. Wie kein Papst vor ihm hat der erste Pole auf dem Stuhl Petri in weit über hundert Auslandsreisen die Ortskirchen besucht und dabei lokale Traditionen wie Wallfahrten und besonders Stätten der Marien- und Heiligenverehrung aufgesucht. Johannes Paul II. hat mit weit über 1.800 Heilig- und Seligsprechungen mehr Menschen zur Ehre der Altäre erhoben als alle seine Vorgänger zusammen. Bei seinem zweiten Wallfahrtsbesuch 1987 sprach er die jüdisch-stämmige Karmelitin Edith Stein und den aus Stuttgart stammenden Jesuitenpater Rupert Mayer selig, die beide im Kampf gegen den Nationalsozialismus gestanden haben – Edith Stein wurde 1998 auch heilig gesprochen. Bei seinem dritten Deutschlandbesuch 1996 wurden im Berliner Olympiastadium die beiden Priester Bernhard Lichtenberg und Karl Leisner, die an den Folgen der Nazi-Haft zu Tode kamen, selig gesprochen. Auch Adolph Kolping gelangte 1991 zur Ehre der Altäre, in diesem Herbst soll ihm der gegen den NS-Terror engagierte Bischof von Münster, Clemens Graf von Galen, folgen.

Wie kein Papst vor ihm hat Johannes Paul II. den Dialog mit den anderen christlichen Konfessionen wie auch mit den Religionen gesucht. Besonders eingeprägt hat sich der Weltöffentlichkeit das erste Friedensgebet in Assisi 1986, wozu er – auch gegen Widerstände im Vatikan selbst – Repräsentanten aller großen Weltreligionen eingeladen hatte. Bei seinem ersten Deutschlandbesuch 1980 hat er in der Begegnung mit Vertretern der evangelischen Kirche in Mainz ermutigende Impulse zur Ökumene gegeben, die ihm besonders am Herzen lag. Die Einheit der Christen stand für ihn dabei stets unter dem Anspruch der biblischen Offenbarungswahrheit, weshalb er Forderungen nach einer eucharistischen Gastfreundschaft eine Absage erteilte. Auf seiner Pilgerreise auf den Spuren des Apostels Paulus hat er sich in Athen für die Verbrechen der Kreuzritter im Jahre 1204 entschuldigt und damit auch eine neue Phase in den Beziehungen zur orthodoxen Kirche eingeleitet, auch wenn ihm eine Begegnung mit dem Patriarchen von Moskau versagt geblieben ist. Mit seinem öffentlichen umfassenden “Mea Culpa” im März 2000 für die von Christen in den zurückliegenden 2000 Jahren begangenen Fehler und Sünden hat er besonders auch das Verhältnis zum Judentum auf eine neue Grundlage gestellt. Als erster Papst der Geschichte hat Johannes Paul II., der selbst in der Nähe von Auschwitz geboren wurde, ein jüdisches Gotteshaus, die Synagoge von Rom, besucht, in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem der Nazi-Opfer gedacht und an der Klagemauer gebetet. Das Judentum würdigte er als von Gott unwiderruflich erwähltes “Volk des Bundes”, mit dem das Christentum durch ein geistliches Band und gemeinsame Wurzeln für immer verbunden ist; den Antisemitismus verurteilte er als “ohne jede Rechtfertigung und absolut verdammungswürdig”, wie er überhaupt im Rassismus die “Verneinung der tiefsten Identität des menschlichen Wesens” sah.

Johannes Paul II. suchte aber auch das Gespräch mit dem Islam. In Damaskus hat er als erster Papst eine Moschee betreten. Beim ersten und besonders beim zweiten Irak-Krieg, den er vergeblich zu verhindern suchte, hat er alles getan, damit diese Kriege nicht als Zusammenstoß zwischen Christentum und Islam interpretiert werden konnten. Dabei übte er sein Papstamt von Anfang an ausgesprochen politisch aus, auch wenn er zugleich ein Mystiker und theologischer Visionär geblieben ist. Durch Unterstützung der ersten freien Gewerkschaftsbewegung in der kommunistischen Welt “Solidarnosc” hat er schon Anfang der 80er Jahre den politischen Umbruch im Ostblock wesentlich beeinflusst, was schließlich zum Fall des “Eisernen Vorhangs” führte. Auch das Attentat von 1981, dessen Hintergründe nie ganz aufgeklärt wurden, zeigt indirekt, wie sehr man im Ostblock schon damals seine moralische Autorität fürchtete.

Johannes Paul II. hat auf der anderen Seite auch die Schwächen des westlichen Systems klar erkannt und vor einer Vergötzung des Kapitalismus gewarnt. Er setzte sich für eine gerechte Weltwirtschaftsordnung, für weltweite Solidarität und einen Schuldenerlass für die ärmsten Länder ein und scheute sich nicht, Kritik zu üben an Diktatoren und Tyrannen oder an der Apartheids-Ideologie. Besonders in Erinnerung bleiben wird sein Kampf für eine “Kultur des Lebens” gegen eine “Zivilisation des Todes”, als deren Anzeichen er besonders Abtreibung und Euthanasie sowie die Auflösung von Ehe und Familie erkannte.Der 265. Nachfolger des Apostels Petrus, der erste Nicht-Italiener auf dem Heiligen Stuhl seit 455 Jahren, hat sich selbst stets als Papst des Zweiten Vatikanischen Konzils verstanden, an dem er als Erzbischof von Krakau aktiv teilgenommen hat. Besonders die Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute “Gaudium et spes” hat er mit erarbeitet. Für ihn stand außer Frage, dass das Konzil den Weg der Kirche in die Zukunft weist – er selbst hat es immer als seinen Auftrag gesehen, die Kirche ins dritte Jahrtausend zu führen. Im Unterschied zum Ersten Vatikanischen Konzil, das besonders den Primat des Papsttums herausgestellt hat, sah er sein Petrusamt bewusst als Dienst an der Einheit der Kirche. So hat er auch die anderen christlichen Konfessionen dazu eingeladen, über die weitere Ausgestaltung dieses Petrusdienstes nachzudenken.

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