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Bürger wollen Baugebiete in der Stadt

Bürger wollen Baugebiete in der Stadt“ und „Mehrheit befürwortet wachsende Stadt“, so ist ein Zeitungsartikel überschrieben, der am 15. Juli 2016 in den Stuttgarter Nachrichten und in der Stuttgarter Zeitung erschienen ist. Er beschreibt die Ergebnisse einer TNS- Infratest-Umfrage, die im Auftrag der Wüstenrot & Württembergische-Gruppe durchgeführt wurde.

„Bürger wollen Baugebiete in der Stadt“ und „Mehrheit befürwortet wachsende Stadt“, so ist ein Zeitungsartikel überschrieben, der am 15. Juli 2016 in den Stuttgarter Nachrichten und in der Stuttgarter Zeitung erschienen ist. Er beschreibt die Ergebnisse einer TNS- Infratest-Umfrage, die im Auftrag der Wüstenrot & Württembergische-Gruppe durchgeführt wurde. Die Umfrageergebnisse sind beeindruckend: 53 % der 500 befragten Stuttgarter ab 18 Jahren sprechen sich für Baugebiete im Stadtbereich aus, um dem Mangel an Wohnraum entgegenzuwirken. Sogar 76 % sind der Meinung, im Stadtrandbereich/Umland von Stuttgart sollte Bauland geschaffen werden.
Die rot-rot-grüne Mehrheit des Stuttgarter Gemeinderats und die Stadtspitze um Oberbürgermeister Fritz Kuhn haben sich ganz und gar dem Grundsatz „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ verschrieben. „Nach dieser Umfrage wird sich zeigen, wie ernst es OB Kuhn und der Gemeinderat mit der Schaffung von Wohnraum und dem Senken der Preise am Wohnungsmarkt wirklich meinen“, sagt der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler im Stuttgarter Gemeinderat, Jürgen Zeeb.
„Selbstverständlich wissen wir Freie Wähler die insgesamt hohe Wohn- und Lebensqualität in Stuttgart zu schätzen. Es ist richtig, Grün-, Frei- und landwirtschaftliche Flächen zu schützen und nicht über die Maßen zu beanspruchen. Entgegen der rot-rot-grünen Mehrheitsmeinung im Gemeinderat und der blockierenden Stadtverwaltung fordern wir aber schon lange und kontinuierlich die maßvolle Ausweisung kleinerer Neubauflächen zur sinnvollen Arrondierung und Ergänzung bestehender Wohngebiete. Unsere Fraktion hat mehrere Anläufe unternommen und der Stadtverwaltung Vorschläge für Neubauflächen im Stadtgebiet unterbreitet“, so Jürgen Zeeb. „Es macht doch Sinn, bereits vorhandene Infrastruktur optimal zu nutzen. Weil wir die Notwendigkeit für die Ausweisung neuer, kleiner Baugebiete für private Bauherren und kleinere Bauträger als unabdingbar sehen, sind wir gespannt auf die angekündigte Beantwortung unserer Anträge Nr. 100/2016 und Nr. 209/2016 (siehe Anlage). Wir werden beantragen, bei jeder Fläche darüber abstimmen zu lassen, ob dafür ein Baurecht geschaffen werden soll oder nicht. Und um es nochmals klarzustellen: Es geht nicht um großflächige Vernichtung von Grün- und Ackerflächen im Außenbereich, sondern nur um punktuelle Verdichtung und Ausschöpfung vorhandener Ressourcen.“
Das Bündnis für Wohnen des Oberbürgermeisters ist hinter den Erwartungen der Freien Wähler zurückgeblieben. „Es ist sicher richtig, miteinander zu sprechen, Fragestellungen und Probleme zu diskutieren. Aber auch die Stadt muss dazu bereit sein, Zugeständnisse zu machen. Wenn Entscheidungen der Verwaltung in Stuttgart deutlich mehr Zeit brauchen als in anderen Kommunen und es keine Bereitschaft gibt, nur ein Jota von ideologischen Leitlinien abzuweichen, dann darf man über Wohnraummangel und hohe Preise nicht klagen“, so Jürgen Zeeb. „Dem Austausch über Probleme müssen Taten folgen. Da ist die Stadt in der Pflicht, zum Beispiel bei der raschen Benennung des von uns lange geforderten Wohnungsbaukoordinators mit weitreichenden Kompetenzen.“
Wie lange die Entwicklung eines Neubaugebiets braucht, zeigt das Beispiel Langenäcker- Wiesert in Stammheim. Jahrelang wurde geplant, im Februar 2014 der Bebauungsplan für das gut erschlossene Gebiet verabschiedet. Aber bis heute ist wegen juristischer Auseinandersetzungen nicht eine einzige Straße, geschweige denn eine der etwa 320 Wohnungen gebaut. Auch wegen solcher Unwägbarkeiten wäre die Vorbereitung weiterer Bauflächen sehr sinnvoll.
Konzepte zur Umnutzung vorhandener Gebäude, wie sie in der Umfrage von 85 % der Befragten als Lösungsmöglichkeit gesehen werden, um neuen Wohnraum zu schaffen, sind nur eine Möglichkeit. Und das Potenzial dieser Möglichkeit ist endlich. Schließlich lebt Stuttgart von Industrie-, Gewerbe- und Dienstleistungsbetrieben. Auch dafür müssen Flächen und Gebäude vorgehalten werden. „Nicht jede (alte) Fabrik und jedes (alte) Bürogebäude kann zu Wohnungen umgebaut werden, da es in der Stadt genügend Raum für Arbeitsplätze geben muss“, unterstreicht Rose von Stein, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler im Gemeinderat, den Interessenkonflikt.
Ein Punkt, den die Freien Wähler absolut nicht verstehen, ist der Umgang der Stadt mit dem Mangel an Flächen für den Gemeinbedarf. Flächen für den Bau von Alten- und Behinderteneinrichtungen sowie für Bürgerhäuser, Schulen oder auch Kitas zu bevorraten, wäre im Sinne aller Stuttgarterinnen und Stuttgarter. „Wenn sich die Stadt der Schaffung neuer Wohnbaugebiete standhaft widersetzt, ist das allein schon am Wunsch der Bürger vorbeigedacht. Wir vermissen aber ebenso dringend eine Gemeinwesenflächenoffensive, um dem steigenden Flächenbedarf auf diesem Gebiet nachzukommen. Gesetzliche Änderungen wie zum Beispiel bei der Kindertagesbetreuung oder bei Pflegeheimen erfordern den Bau weiterer Einrichtungen“, sagt Rose von Stein. „Stattdessen wartet man zumindest bei den Pflegeheimen ab, verschleppt und verwaltet den Mangel.“
Für die nächste Bürgerumfrage des Statistischen Amtes regen die Freien Wähler dringend an, ähnliche Fragestellungen zu verwenden wie TNS-Infratest, um nicht nur eine Aussage darüber zu erhalten, was aus Sicht der Befragten gut und was weniger gut ist in Stuttgart, sondern auch um deren Bereitschaft für verschiedene Lösungsmöglichkeiten zu erfassen. Eine Frage die die TNS-Infratest-Umfrage und andere Erhebungen zugegebenermaßen nicht beantworten können, ist die nach der Bereitschaft, in der eigenen Nachbarschaft ein neues Baugebiet oder einen Neubau zu akzeptieren. Die Erfahrung zeigt nämlich, dass die Bereitschaft sinkt, wenn vor der eigenen Haustür gebaut werden soll. Die vieldiskutierte Nachverdichtung am Ehrlichweg im Möhringer Stadtteil Fasanenhof macht das deutlich.

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