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Ein Viertele verbindet mehr als jede andere Partnerschaft

…so lautet die Argumentation von Günther Held, seit 14 Tagen Ehrenvorsitzender des BDS Weilimdorf, gegenüber Bezirksvorsteherin Ulrike Zich bei seiner Verabschiedung im Empfangszimmer des Bezirksamtes. Er erinnerte sich an diese Aussage anlässlich des Gesprächs an die Zeit mit seinem Vorgänger Roland Futterknecht um ihre Bemühungen um eine Städtepartnerschaft für Weilimdorf in Frankreich: “Mit der Partnerschaft selber hat sich leider nichts ergeben, aber die französische Lebensart kommt mir sehr entgehen – und der Wein auch.” Held war 19 Jahre lang Vorsitzender des BDS in Weilimdorf, nun wurde er am 11. Mai in den Ehrenvorsitz gewählt, bleibt aber Vizepräsident im Landesverband und durfte in dieser Funktion erst am Vortag einen Kollegen nach 27 Jahren Amtstätigkeit in den Ruhestand entlassen. Sein Leben lang war Held mit Weilimdorf verbunden, auch wenn seine berufliche Karriere anfänglich als Azubi bei Mercedes Benz und anschließend in der Ingenieurschule begann. Doch das Geschäft des Vaters in Weilimdorf wollte seine Schwester nicht übernehmen und so tauschte Held die Schraubschlüssel gegen einen Taschenrechner ein und wurde gelernter Einzelhandelskaufmann, ruschte dadurch automatisch in den BDS in Weilimdorf hinein. Von 1980 bis 1994 war er sogar im Bezirksbeirat in Weilimdorf tätig: “Doch selbst für meine Funktion als CDU-Sprecher hat mich bis heute keiner geehrt!” schmunzelte Held.

Seine 31 Jahre im BDS verbindet er mit vielen Erinnerungen an die Geschichte Weilimdorfs, sei es das Seifenkisten-Rennen der 50er Jahre auf der Solitudestraße, bei denen Generationskollege Rolf Zeeb und dessen Schwester sogar Deutsche Meister waren. 20 Jahre bis 1970 verbindet er mit dem Weilimdorfer Faschingsball, bei dem er im Elferrat tätig war: “Doch die wußten als Schwaben nie, wo und wann man schunkeln und aufstehen sollte. Bis wir ein grünes Licht installiert haben – und wenn ich das eingeschaltet habe, wußten sie Bescheid!” Das Ende des Lokales im Esel findet er mehr als traurig, wußte doch jeder, dass selbst um 23 Uhr, als die Küche schon kalt war, man als Alt-Weilimdorfer immer noch mal was aufgewärmt bekam: “Selbst Lothar Späth war immer wieder dort. Einmal haben wir Karten gespielt, da klopfte einer uns von hinten auf die Schulter – und erntete den Kommentar, er höre sich ja an wie das Lotharle. Und dann war er es doch glatt selber!” Helds Mitverdienst ist sicherlich auch der 1995 gestartete Weilimdorfer Ortsbus, dessen Integration in den SSB gerade gescheitert ist. “Die SSB haben Angst vor einer haltestellenfreien Strecke.” Auch sieht Held die SSB vollkommen unfähig und unflexibel, alles wäre statisch und linear: “Dabei haben wir doch einen demographischen Wandel in der Gesellschaft hin zu den alten Menschen. Die brauchen doch eine Verbindung zum Einkaufen. Nicht jeder ist rüstig und mit dem eigenen Auto mobil. Wir können froh sein, dass Weilimdorf relativ eben ist und nicht wie in Botnang oder Feuerbach extreme Hanglagen hat, die von jedem Nahverkehr nicht erreichbar sind.” Die Busfirma Wöhr jedenfalls wird trotz der Absage der SSB den Ortsbus für Weilimdorf fortführen. Die Finanzierung ist durch die Werbeflächen gesichert und mit Zuschüssen und Fördermitteln wird der neue Bus sogar nun mit Klimaanlage und bequemen Sitzen Wolfbusch und das Ortszentrum am Löwen-Markt verbinden.

Ulrike Zich lobte Helds Arbeit der letzten Jahre sehr, bewies er doch immer Integrationstalent zwischen BDS, Werbegemeinschaft und Gewerbe- und Handelsverein, egal ob es um Straßenfeste, Maibaumfest oder Weihnachtsmarkt ging. Die Stärkung des Weilimdorfer Zentrums stand immer im Vordergrund von Helds Arbeit. Durch sein eigenes Geschäft weiss Held sehr genau, dass Kundenpflege und -bindung sehr wichtig ist: “Bei uns rufen sogar die Kunden an, wenn sie krank sind und entschuldigen sich, dass sie heute keine BILD-Zeitung kaufen können. Und meine Frau, die mich immer tatkräftig unterstützt ist immer ein Ansprechpartner für die Weilimdorfer, wenn sie mal Probleme haben und einfach reden wollen!” Für die Zukunft Weilimdorfs wünscht sich Held, dass es wie für die Stuttgarter City eine Art Stadtteilmarketing gibt. Auch dass die Planungen für das nach 2002 für 2006 geplante Handwerkerfest in der Höfinger Straße erfolgreich durchgeführt werden. Und seine Initiative des “JOB-Connection-Tages”, bei dem sich Firmen und Jugendliche einmal näher beschnuppern können, will er auch in der “Nach-Held-Ära” stärken. “Wir haben einfach das Problem, dass seit gut sechs Jahren das Bildungsniveau der Jugendlichen extrem ins Bodenlose gesunken ist. Früher konnte man von fünf Bewerbern drei oder vier am liebsten aufnehmen für eine Ausbildung, wenn das Geld gereicht hätte. Heute sind es null! Die Jugendlichen haben keinerlei berufliche Vorstellungen, wollen nur noch etwas mit einem PC und Webdesign zu tun haben und haben eine katastrophale Allgemeinbildung. Ein erschütterndes Problem, dass wir in den nächsten 10 Jahren in den Griff kriegen müssen: In Berlin hat eine Studie ergeben, dass inzwischen 88 Prozent aller Hauptschulabgänger nicht mehr vermittelbar ist!” Die hoffentlich baldige Ansiedlung einer Lidl-Filiale in Hausen sehen Held, Zich und auch Wanner, 1. Vorsitzender des Gewerbe- und Handelsvereines, als wichtige Stärkung Weilimdorfs als Einkaufsstadt. Auch der CAP-Laden für die Pfaffenäcker ab Ende Juli 2005 läßt für Weilimdorf hoffen. Nun hängt es von den Weilimdorfern selber ab, die Wirtschaft vor Ort zu stärken und nicht nur den Marktkauf in Feuerbach und den real,- in Gerlingen für den Großeinkauf zu nutzen. “Viele wissen auch garnicht, dass wir unter dem Löwen-Markt ein zweigeschossiges Parkhaus haben, bei dem die erste Stunde von den Gewerbetreibenden bei einem Einkauf wieder erstattet wird”, so Held. Hier müsse gegenüber der Bevölkerung noch viel Aufklärung betrieben werden, wenn er immer die Kunden schwer bepackt mit Stofftaschen durch den Löwen-Markt laufen sieht. “Und für die Zukunft wünsche ich mir von der Stadtverwaltung, dass am Ortseingang von Weilimdorf nicht ‘Stuttgart-Giebel’, ‘Stuttgart-Bergheim’ oder ‘Stuttgart-Hausen’ steht! Da weiss ja keiner, dass er sich eigentlich in Weilimdorf befindet. Da sollte es dann schon zum Beispiel in der Solitudestraße heißen ‘Stuttgart-Weilimdorf, Ortsteil Bergheim’ – nur so kann man Weilimdorf als eine Stadt mit mehr als 30.000 Einwohnern sehen. Sonst kennt jeder Hausen, Giebel und Bergheim – und bei Weilimdorf fragt sich jeder, wo das denn liegt.”

Foto (von links nach rechts): Bezirksvorsteherin Ulrike Zich, Günther Held mit Ehefrau, Albrecht Wanner (Gewerbe- und Handelsverein) bei der Verabschiedung am Dienstag im Bezirksamt Weilimdorf.

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