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Führung mit der EOW zur Windkraftanlage auf dem Grünen Heiner

(EOW) Am Samstag den 9. November veranstaltete die Energieoffensive Weilimdorf eine Führung am der Windkraftanlage am Grünen Heiner mit Josef Michl von den Betreibern. Treffpunkt war um 14:00 Uhr an der Übergabestation am Fuß des Grünen Heiners.

Bei sehr klarem Wetter und gutem Wind war die Veranstaltung mit über 20 Teilnehmern gut besucht. Nach einer kurzen Begrüßung durch Torsten Tusche vom Steuerkreis der Energieoffensive führte Herr Michl in die Historie der einzigen Windkraftanlage auf Stuttgarter Gemarkung ein.

Das Windrad wurde im Jahr 2000 erbaut, nachdem jemand aus dem später 70 Leute großen Besitzerkreis mitbekommen hatte, dass die Stadt Stuttgart Windkartierungen vorgenommen hatte, und sich für den Grünen Heiner Werte ergeben hatten, die den Bau einer Windkraftanlage sinnvoll erscheinen ließen. Zunächst war allerdings nicht an den eigenen Betrieb einer solchen Anlage gedacht, sondern die Idee war, dass die TWS eine solche betreiben könnten. Diese hatten in den Neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts allerdings alle Hände voll damit, ihren überzähligen Atomstrom zu vermarkten, so hatten sie kein Interesse. Letztendlich nahmen die ca. 70 Gesellschafter das Projekt selbst in die Hand.

Zwischenzeitlich waren die Teilnehmer unter Führung von Josef Michl den Berg hinaufgewandert und stellten sich neben der Aussichtsplattform unter dem Windrad auf. Die dort aufgebaute Enercon E-40 Anlage hat eine Nennleistung von 500 kW, eine Flügellänge von 20m und eine relativ niedrige Nabenhöhe von 44m, da sie selbst schon prominent auf dem Grünen Heiner gut im Wind steht. Die Anlage ist getriebelos, das hatte den Vorteil, dass kein tonnenschweres Getriebe auf den Heiner transportiert werden musste, aber auch, dass das Windrad je nach Windaufkommen mit verschiedenen Geschwindigkeiten laufen kann. Bei wenig Wind läuft es langsamer, also auch leiser, bei viel Wind läuft es schneller und natürlich lauter, aber auch der Wind selbst ist dann lauter. Die Teilnehmer der Exkursion konnten allerdings feststellen, dass zu fast jedem Zeitpunkt der Lärm von der Autobahn dominierte. Selbst unter dem Windrad stehend machte der Lärm von der A81 demselben eifrige Konkurrenz.

Im Bezirksrat Weilimdorf gab es zuletzt anlässlich des näher rückenden Termins des Auslaufens der EEG-Zulage für die Windkraftanlage auf dem Grünen Heiner kontroverse Diskussionen, bei denen der Bezirksbeirat sich aber weit mehrheitlich für den Weiterbetrieb der Anlage und den Erhalt des Windkraftstandorts an dieser Stelle aussprach, ein sich positiv ergebendes Weiterbetriebsgutachten vorausgesetzt. Dieses wurde inzwischen für 10.000 € in Auftrag gegeben. Die Betreiber erwarten hier keine Überraschungen. Es könnte sich ergeben, dass die Beschichtung mit Lotuseffekt an den Flügeln der Anlage, die an den Kanten schon etwas abgenutzt ist, erneuert werden muss. Da die Betreiber aber – wie es auch im Gesetz vorgesehen ist – genügend Rücklagen gebildet haben und auch zuletzt auf Ausschüttungen verzichteten, dürfte sowohl eine Ertüchtigung als auch im schlimmsten Fall, wenn die Anlage technisch nicht mehr weiterbetrieben werden könnte, der Abbau finanziert sein. Ein Abbau, so schätzt Josef Michl, wäre mit Hilfe eines Autokrans in zwei Tagen bewerkstelligt. Der GfK der Flügel, um den es Diskussionen gab – und der seit vielen Jahren im Bootsbau, in der Autoindustrie und in vielen weiteren Industrieprodukten verwendet wird – kann nach heutigem Stand in Zementwerken entsorgt werden. Der Kunststoff wäre dabei Brennstoff, die Glasfasern flössen in die Produktion mit ein.

Das steht aber derzeit nicht zur Diskussion, denn, so Josef Michl: „Wir möchten die Anlage natürlich weiter betreiben, solange dies technisch sinnvoll ist. Nicht, weil wir uns damit eine goldene Nase damit verdienen wollen, das haben wir im Übrigen nie, sondern, weil wir hinter dieser Art der sauberen Energieerzeugung stehen. Wir haben den Standort auch auf 30 Jahre gepachtet“. Im Übrigen wäre aber auch ein Repowering an dieser Stelle mit einer größeren Anlage kaum möglich, was die Möglichkeit des Transports auf den Heiner und die Standfestigkeit auf dem ehemaligen Schuttberg betrifft.

Ein anderes Problem ist das Auslaufen der EEG-Zulage zum 1.1.2021 für die Betreiber. Während die Preise für kurzfristig gelieferten Grundlaststrom an der Leipziger Strombörse bei ca. 3,5 Cent lägen, muss der normale Verbraucher um die 30 (ca. 20 Cent ohne Abgaben) zahlen. Großverbraucher wie zum Beispiel energieintensive Unternehmen bezahlen nur ca. 9 ct (ohne Abgaben) . Rund die Hälfte des bei uns erzeugten Stroms wird heute so verkauft. Um die Windkraftanlage auskömmlich weiterbetreiben zu können brauchen die Besitzer einen Preis zwischen dem der Strombörse und jenem für die Großverbraucherkunden. Inzwischen wurden aber Gespräche angestoßen, die dazu führen sollten, dass ein produktives Betreiberkonzept für die Zeit nach der EEG-Zulage gefunden werden kann.

Die Betreiber selbst planen auch für die Zukunft: sie haben ihre Kostenstruktur verbessert und sie überlegen einen Speicher zu bauen, damit das stromabnehmende Versorgungsunternehmen besser regeln kann, zu welchem Zeitpunkt es den Strom abnimmt, um Preistiefs kurzfristig auch mal aussitzen zu können.

Die deutsche Windkraftanlagenindustrie kämpft heute mit den geänderten politischen Rahmenbedingungen, die in einer praktisch völligen Stagnation des Zubaus von Windkraftanlagen an Land resultieren und muss Beschäftigte entlassen. In den letzten Jahren fielen Zehntausende von Arbeitsplätzen in dieser einstmals führenden deutschen Vorzeigeindustrie fort, und in der Summe werden Kapazitäten zur Windenergiegewinnung an Land mittlerweile abgebaut.

Die Teilnehmer der Exkursion waren sich im Großen Ganzen einig, dass das Windrad auf dem Grünen Heiner ein Wahrzeichen nicht nur Weilimdorfs, sondern als Landmarke vom Norden herkommend für ganz Stuttgart. Als Erzeuger umweltfreundlicher Energie hat es in seiner Art in Stuttgart eine Einzelstellung.

Annekathrin Essig, Torsten Tusche, Fotos Peter Hanle, energieoffensive-Weilimdorf.de

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