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Gewerbesteuer-Diskussion in Hausen mit dem SPD Ortsverein

Kein einfaches Thema ist die Gewerbesteuer. Gleichwohl fanden sich zahlreiche Personen in die „Begegnungsstätte Giebel“ zur Diskussion über die Gewerbesteuer ein, zu der die SPD Giebel-Bergheim-Hausen geladen hatte. Und mancher Teilnehmer zeigte sich hinterher überzeugt von der Bedeutung der Steuer für die Handlungsfähigkeit der Kommunen. Michael Makurath, Oberbürgermeister der Stadt Ditzingen, betonte in seinem Eingangsreferat, die Kommunen legten Wert darauf, den direkten Bezug zur Wirtschaft auch in Form der Gewerbesteuer zu behalten. Die Gewerbesteuer habe eine wichtige Funktion für die Leistungsfähigkeit der Kommune, sie sei gleichwohl eine sehr schwankende Einnahmequelle. Ohnehin zahle nur ein kleiner Teil der Betriebe die Steuer. Und in der Krise sei das Aufkommen deutlich niedriger. Aber, so Makurath, „die Feuerwehr muss ausrücken, egal ob es der Wirtschaft gut oder schlecht geht“.

Klaus Straub vom Bund der Selbständigen nannte die Gewerbesteuer in hohem Maße konjunkturabhängig, der Anteil der Kommunen an der Einkommensteuer sei viel stabiler und planbarer. Er nannte Schwäbisch-Hall, wo die Gewerbesteuer wegen der Umstrukturierungen bei der Bausparkasse völlig weggebrochen sei. Die Unternehmenssteuerreform habe Deutschland international wettbewerbsfähiger gemacht, die Gewerbesteuer habe sich von einer reinen Ertragssteuer jedoch entfernt. Er nannte die „kleine Zinsschranke“ als Problem, da so Leasingraten zum Gewinn eines Unternehmens hinzugerechnet würden, obwohl es ja Ausgaben seien. Für Arbeitnehmer sei es selbstverständlich, dass sie nur ihr Einkommen besteuert bekämen. Bei Unternehmen könnte in der Rezession die Gewerbesteuer dazu führen, dass Firmen, die gar keinen Gewinn machten, trotzdem zahlen müssten. „Für Kleinbetriebe ist das eine große Belastung“, so Straub.

Makurath hielt dem entgegen, dass in Ditzingen von 1500 Gewerbebetrieben nur 350 Gewerbesteuer zahlten. Hinzurechnungen – damit bezog er sich direkt auf die Argumentation von Herrn Straub – habe es schon vor der Steuerreform gegeben. Ohne Hinzurechnungen wären Betriebe im Vorteil, die nur mit Fremdkapital investierten und den Gewinn durch Zinsausgaben reduzieren. Gäbe es die Hinzurechnungen nicht, würden in schlechten Zeiten die Lohn- und Einkommensteuerzahler die Betriebe indirekt subventionieren. Es gebe eine Reihe von Gemeinden, die mit stark schwankenden Steuereinnahmen klar kämen, weil sie in guten Zeiten Rücklagen schüfen. Er nannte als Beispiel Weissach, wo der größte Gewerbesteuerzahler die Firma Porsche ist.

Straub entgegnete, dass eher ein Hund einen Wurstvorrat anlege, als dass ein Politiker in der Lage sei, Rücklagen zu bilden. Die Konjunkturabhängigkeit der Steuer müsse man regulieren, die Gewerbesteuer an sich stelle er nicht in Frage. Er forderte hingegen, dass der normale Gewinn eines Betriebes unversteuert bleiben müsse. Der Freibetrag bei der Gewerbesteuer von 24.500 € sei viel zu gering. Je nach Art und Höhe der Hinzurechnungen, z.B. hohe Leasingraten/Zinsen wächst ein Unternehmen in die Gewerbesteuerpflicht hinein, obwohl gegebenenfalls der Gewinn nicht mal das Existenzminimum des Unternehmers deckt oder gar ein Verlust vorliegt. Der Jahresarbeitslohn vieler ungelernter Hilfsarbeiter liege oft höhe als der Gewerbesteuerfreibetrag von 24.500 €. Daher müsse der Gewerbesteuerfreibetrag unbedingt auf mindestens 50.000 € angehoben werden.

Auf die Frage, was mit den Gewerbesteuereinnahmen finanziert würde, antwortete OB Makurath, dass die Steuer nicht zweckgebunden sei. Ditzingen konnte bis 2008 alles aus laufenden Einnahmen finanzieren. Die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise bedingen nun einen Haushalt zu Lasten der in „guten Zeiten“ angelegten Rücklagen. Er hoffe, dass es wirtschaftlich bis in zwei Jahren wieder besser aussehe, weil man sonst auch wieder über Kreditaufnahmen sprechen müsste. Herr Straub befürchtete, dass mit der Wirtschaftskrise viele Firmen zwar nicht ins Bodenlose fallen würden, aber „es werden Betriebe eingehen“. Ein Problem sei die Gewerbesteuer, ein weiteres der Kündigungsschutz. In Dänemark gebe es keinen Kündigungsschutz. Damit handelte er sich Widerspruch aus dem Publikum ein. In Dänemark gebe es ein Arbeitslosengeld von 90 Prozent, da sei es leichter, auf den Kündigungsschutz zu verzichten.

Auf die Frage, ob trotz vielfacher Steuerhinterziehung durch Gewerbebetriebe und kleine Selbständige der Staat noch bekomme, was ihm zustehe, antwortete Herr Straub mit dem Hinweis auf die Steuerprüfungen. Er schlug gleichzeitig eine Pauschalsteuer vor, um „Michael Schumacher nicht aus dem Land zu jagen“. Schwarzarbeit nannte er als eigentliches Problem.

Herr Makurath betonte, dass nach seinem Eindruck große Firmen regelmäßiger geprüft würden als, kleine. Allerdings würden mit mehr staatlicher Kontrolle die Leute auch findiger. Er schlug vor, flexibler zu werden und schilderte ein Modell der Stadt Ditzingen. Hier würden z.B. Reinigungskräfte in einer städtischen Firma legal angestellt und deren Dienstleistung dann angeboten und auch abgenommen. So könnten viele Beschäftigungsverhältnisse aus der Illegalität herausgeholt werden. Herr Straub forderte, die Steuer- und Abgabenlast zu senken, dann gäbe es auch weniger Schwarzarbeit und weniger Abwanderung. Wilhelm Ungeheuer von der SPD kritisierte hingegen, dass die Steuerlast zu sehr auf die Arbeitnehmer konzentriert sei als Folge der deutschen Einheit. Die Unternehmen entzögen sich zu häufig ihrer Verantwortung. Makurath bestätigte hier „Ausblühungen“ und nannte das Beispiel Sindelfingen, wo ein bis dahin profitables Unternehmen wie die Daimler AG zeitweilig gar keine Steuern zahlte.

Aus dem Publikum kam der Hinweis auf einen Satz des ehemaligen Finanzministers von Baden-Württemberg Mayer-Vorfelder, wenige Steuerprüfer seien ein Standortvorteil für das Land. Nach Meinung des Diskussionsteilnehmers sei so ein Ausspruch ein Aufruf zur Steuerhinterziehung. Straub stellte fest, dass die Unternehmenssteuerreform tendenziell zu einer Entlastung von Großkonzernen führe, aber der Mittelstand eher mehr belastet werde. Auch Staatsgelder für Forschung flössen meist in große Unternehmen. Insofern täte der Staat für kleine und mittlere Unternehmen zu wenig. „Mittelstandsförderung ist das nicht“, so Straub.

Makurath wies darauf hin, dass durch die Unternehmenssteuerreform der effektive Durchschnittssteuersatz von 36,0 auf 28,9 Prozent gesunken sei. Politik mache Gestaltung nicht für sich, sondern für die, die sie verträte. Wilhelm Ungeheuer schlug in die gleiche Kerbe und teilte mit, er zahle gerne Steuern. Er habe Bildungseinrichtungen nutzen können, die von den Steuergeldern früherer Generationen bezahlt worden seien. Staatsbürger sollten sich besonders um die Verwendung von Steuern kümmern und einfordern, dass diese für sinnvolle Zwecke eingesetzt würden. „Die SPD wird da ein Auge drauf haben“, so Ungeheuer in seinem Schlusswort.

Dieser ausführliche Bericht wurde der Redaktion von weilimdorf.de durch Gerald Fangmeyer zur Verfügung gestellt.

Bild (privat): von links nach rechts Klaus Straub (Bund der Selbständigen), Wilhelm Ungeheuer (SPD-Gemeinderatskandidat) Michael Makurath (Oberbürgermeister Ditzingen).

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