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“Granatenmäßiger Unsinn” mit Werner Koczwara in St. Theresia

(RED) “Für eine Handvoll Trollinger” mit Werner Koczwara, dem Hauptpreisträger des Kleinkunstpreis Baden-Württemberg 2017, gab es am Samstagabend, 6. Oktober 2018, im Gemeindesaal von St. Theresia in Weilimdorf eine Menge schwäbischen wie “granatenmäßigen Unsinn” zu hören, den auch 75 Millionen nichtschwäbischsprachige übrige Bundesbürger Dank bestem “Oxford-Schwäbisch” verstehen konnten.

Für gewöhnlich ist Koczwara, der sich gerne als “Erfinder des juristischen Kabaretts” sieht, mit Paragrafen und Gesetzesauslegungen ein “Pointenpapst” – doch für St. Theresia hat er mit einem Kabarett-Solo das Publikum wohl eher an den Rand des (schwäbisch) gesellschaftlichen Irrsinns geführt, beginnend mit dem 18. August 1913, als in Monte Carlo die Roulette-Kugel unglaubliche 26-mal hintereinander auf einer schwarzen Zahl landete. Allein diese Tatsache ist schon irrsinnig, genau so wie die verrückte Wette über 100 D-Mark des Arztes auf ihn, dass er, geboren 1957, ein Mädchen werden würde – als sechster Sohn seiner Eltern. Und damit landet man im Dorf Trollingen – dem Ursprung des abendfüllenden Programms, dessen Chronik er wiedergibt als “Conchita Wurst” von Trollingen, wo der Bürgermeister durchnummeriert wird als T7, gefolgt vom T8 bis T13.

Humoristischer Feinsinn ist gefragt, wenn man verstehen will, was der Urknall mit Schwaben zu tun hat, warum Design-Löcher in den Jeans in Trollingen erfunden wurden – und die urschwäbische Sitte “mir schenke uns nix” auf seiner Familie beruht. Die harten 50er und 60er Jahre werden eingehend beleuchtet, als die Wohlstandsgesellschaft noch nicht im schwäbischen Dorf angekommen war: “man hatte ja einfach nix”. So erklärt es sich auch, dass man in jenen Zeiten froh war was zu Essen zu haben – man war so gesehen gezwungenermaßen “vegan” und versteht auch heute noch nicht, wie jemand “freiwillig so leben kann”.

Das Publikum zum Lachkrampf führt Koczwara letztlich mit der Erklärung der Aufklärung, dem Unterschied zwischen damals und heute, als man statt eines 2-Meter-TV-Panels mit einschlägigen Kanälen wie Webseiten nur ein mühsam selbst gebortes Guckloch in den Umkleidekabinen oder das Schlüsselloch zum elterlichen Schlafzimmer kannte: “Allein das Wort Damenunterwäsche führte in unserer Jugend zum totalen Hormonzusammenbruch!”, analysiert Koczwara diese Zeiten.

Das Dorf Trollingen brachte entsprechende Größen hervor, wie seinen Klassenkameraden “Körner-Willi”, der in der Jugend immer in den Wald ging, um Samen und Körner zu sammeln – und zu essen. Lange Zeit habe er ihn später aus den Augen verloren, aber nur bis zu dem Zeitpunkt, als eine bekannte Müslimarke im Radio zu hören war, in der der Chef selber spricht. Wohl bekomms, wer ab sofort diese Körnermischung genießen will – ein Gedanke an Koczwara ist ab sofort dabei!

Nachdem Wirtschaftswunder, Wiedervereinigung, Schwäbische Kultur, sein Komikerstudium über acht Semester, eine Zugfahrt nach Paris, Klimawandel und Flüchtlingskrise im Dorf Trollingen abgehandelt worden sind, landet man nach einer durchzechten Nacht beim sternhagelvollen Tod und per Fahrstuhl nach unten in der Hölle – diese wiederum nicht aufnahmefähig wegen geschlossener Gesellschaft.

Und die “eine Handvoll Trollinger”? Ja die landet pointiert im Knast, als eine Kasperletheateraufführung durch den Trollinger Dorfpoeten im Kindergarten anlässlich des Willkommenheißens von sechs Flüchtlingen den “granatenmäßigsten Unsinn der Bühnengeschichte” hervorbringt.

Und was das Dorf Trollingen am Ende mit einem serbokroatischen Dorf gemeinsam hat? Das klärt sich in der Zugabe von Koczwara beim schwäbischen Wort “vrlupft” – sechs Konsonanten in einem Wort auf einen Schlag.

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