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Neuer SSB Stadtbahnbetriebshof: Bezirksbeirat sieht Planungen kritisch aber nicht negativ

Stuttgarts öffentlicher Nahverkehr platz aus allen Nähten – die SSB stellt neue Linie um neue Linie in Betrieb, die Fahrgastzahlen steigen, neue Züge müssen her. Waren bis 2016 für die SSB 184 “die Gelben” auf der Schiene, sind es seit 2017 bereits 204, bis 2022 werden es 224 sein. Und die müssen nicht nur gewartet werden, sondern nachts auch irgendwo stehen. Weilimdorf rückte nun bei der SBB in den Fokus für einen neuen Stadtbahnbetriebshof.

Dr. Volker Christiani, Leiter Stabsbereich Planung der SSB AG und Rainer Wallisch vom Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung, stellten am Mittwochabend, 14. Februar 2018, dem Weilimdorfer Bezirksbeirat in aller Ausführlichkeit das Auswahlverfahren der SSB für einen neuen Stadtbahnbetriebshof in Stuttgart vor – und warum nach Meinung der SSB dieser in Weilimdorf sein soll. Noch dazu recht “kurzfristig” bis spätestens 2023, da die neuen Züge “ein Dach über den Kopf” brauchen. “Wir werden derzeit einfach Opfer des eigenen Erfolgs!”, so Christiani über die Erweiterungen der SSB was Angebot, Gleise und Bahnen angeht.

“Derzeit haben wir in unseren Betriebshöfen in Remseck 44, in Heslach 48 und in Möhringen 94 Züge stehen. An der Endhaltestelle in Gerlingen ist nur ein kleiner Standort mit 8 Zügen, am Neckarpark haben wir bereits die Gleise, die für Großveranstaltungen vorgesehen sind, zu einer Fahrzeugabstellung umgebaut, hier stehen inzwischen 10 Bahnen”, so Christiani zu den Bezirksbeiräten und den zahlreich erschienenen Weilimdorfern in den Zuhörerräumen. Der Betriebshof im Möhringen kann und wird noch um 20 Stellplätze erweitert, dann allerdings ist das verfügbare Gelände verbraucht. Zudem stehen dann bereits 51 Prozent der “Gesamtflotte” auf den Fildern – es wird so immer schwieriger die Züge zu Fahrtbeginn in den Morgenstunden an ihre Einsatzorte zu bringen.

Mit der Flottenerweiterung bis 2023 braucht es daher zu Möhringen einen “Gegenstandort”. Von 14 in 2016 avisierten möglichen Grundstücken schieden rasch sieben aus, die verbliebenen wurden einer eingehenden Prüfung unterzogen – am Ende blieben vier mögliche Standorte übrig, allesamt in Weilimdorf: Zum einen das Walz-Areal an der Haltestelle Bergheimer Hof, eine Grünfläche parallel zur B295 an der Haltestelle Rastatter Straße, eine Fläche westlich der Motorstraße – und letztlich die Äcker an der Flachter Straße.

Mittlerweile ausgeschlossen wurde das Walz-Areal: “Wir haben dort kaum Fläche, nur 30 von 40 erforderlichen Stellplätzen könnten gebaut werden, statt zwei wäre nur ein Werkstattgleis möglich, es ist keine Erweiterung möglich, durch die vertiefte Lage würden Schallemission die Häuser südlich der Engelbergstraße direkt treffen und Rechtsverfahren wegen Lärmschutzkonflikten wären die Folge!”, begründete Christiani die Entscheidung auf diesen Standort nicht weiter einzugehen.

Auch der Standort für einen Stadtbahnbetriebshof an der B295 mit Ausleitung der Zufahrt an der Haltestelle Rastatter Straße wurde inzwischen aus der Wahl genommen: “Diese Fläche wäre ein Beitrag zur Zersiedelung, sie liegt in einem regionalen Grünzug, ist Vorbehaltsgebiet für Landwirtschaft und Landschaftsentwicklung, Streuobstwiesen würden wegfallen, es hat eine hohe Bodenqualität und ist ein Kaltluftproduktionsgebiet für den Stadtkern von Weilimdorf”, so Christiani als Begründung für den Ausschluss.

Letztlich laut Christiani “eingeschränkt geeignet” wäre ein Standort für einen Stadtbahnbetriebshof am Westrand des Gewerbegebietes aus der Verlängerung der Motorstraße heraus: “Hier würden wir eine gute Anbindung des Gewerbegebietes und des S-Bahnhaltes Weilimdorf erreichen, ein zusätzlicher Nutzen für das ÖPNV-Angebot.” Allerdings ist auf dieser Fläche der Boden von selten guter Qualität, es wäre ein Eingriff in ein Landschaftsschutzgebiet, zudem handelt es sich um ein Wasserschutzgebiet, ist ein Sammelgebiet für Kaltluft mit Abfluss in das Gewerbegebiet und nach Ditzingen – und letztlich müsste die Zufahrt über die Hemminger Straße und Motorstraße erfolgen, extreme Umbaumaßnahmen der Straßen wären die Folge, auch ist eine Umsetzung bis 2023 nicht machbar: “Für solche Maßnahmen braucht es heutzutage pro Kilometer Bauabschnitt zwischen 2 und 3 Jahre Zeit, die Kosten hierfür würden explodieren!”, so Christiani.

Als Favorit blieb der SSB damit das Gelände südlich der Flachter Straße: Auch wenn diese Ackerfläche ebenso eine Frischluftschneise ist, ein Eingriff in ein Landschaftsschutzgebiet notwendig ist, Vorbehaltsgebiet für Landschaftsentwicklung und Landwirtschaft ist, eine Ferngasleitung mitten durch das Gelände geht, eine hohe Bodenqualität vorherrsche – der Standort ist am Ende der mit den wenigsten Einschränkungen. Die Werkshalle ließe sich nahezu zur Hälfte im Erdreich versenken und wäre auf diese Weise kein überdimensionales Bauwerk, eine mögliche Erweiterungsfläche direkt parallel zur Flachter Straße bliebe zunächst als Frischluftschneise der Reisachmulde erhalten.

In der abschließenden Fragerunde standen alle Fraktionen im Bezirksbeirat dem Projekt positiv, wenn auch sehr kritisch gegenüber: Der Ausbau des ÖPNV sei notwendig, wenngleich “die massiven Eingriffe in die Landschaftsschutzflächen” gerade in Weilimdorf gefährlich seien, so Michael Lataier (GRÜNE). “Keine der vorgeschlagenen Varianten ist ideal!”, so Marc Benzinger von der CDU. Jürgen Raiser (Freie Wähler) fügte dem hinzu, dass der Ausbau notwendig sei, aber umweltverträglich passieren müsse. Auch sei er entsetzt über den möglichen Lärmpegel für die Anwohner an der Abzweigung Rastatter Straße durch die steile Kurve. Dieter Benz (SPD) kritisierte, dass Hausen auch in diesen Planungen entweder gar nicht berücksichtigt werde oder nur mit mehr als 600 Meter Entfernung mit einem Haltepunkt “erreichbar” sei: “Alle Standorte sind sehr schmerzhaft!”, so sein Fazit. Gerhard Pfeiffer (GRÜNE) schlug vor, wenigstens die Trassenführung bereits ab der Rastatter Straße abzusenken und parallel zur B295 umzusetzen – Platz wäre genügend da, der Eingriff in die Landschaft und Landwirtschaft geringer.

Christiani und Wallisch nahmen viele Anmerkungen und Fragenkataloge wie weitere Standortvorschläge der GRÜNEN aus der Bezirksbeiratssitzung mit. Die Pläne werden am Bedenken und auch Verbesserungsvorschläge oder Alternativen vorzubringen, da die derzeitigen Pläne “noch nicht in Eisen gegossen” sind und lediglich eine Diskussionsgrundlage sind. Eine abschließende Planung wird wohl erst nach Ostern vorliegen – vor April 2018 wird der Gemeinderat daher nicht abschließend über den Bau eines neuen Stadtbahnbetriebshof in Weilimdorf – oder einem anderen Stadtbezirk – entscheiden.

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