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Neues Buch aus Weilimdorf: Aus dem Leben des 18. Jahrhunderts geplaudert

Der Weilimdorfer Heimatkreis e.V. konnte in diesem Jahr wieder etwas besonderes in Weilimdorf aus dem Schlaf der Geschichte erwecken: Erika Porten lernte Anfang des Jahres zufällig Hella Pflantz kennen, über viele Jahre hinweg Lehrerin an der Wolfbusch- und Engelbergschule. Die heute 86jährige schrieb 1953 ihre “Jahresarbeit” zu den Weilimdorfer “Kirchenkonventionsprotokollen von 1776 bis 1804”.

Diese “Jahresarbeit” war damals notwendig, um die Zulassung zur zweiten Dienstprüfung zu erhalten, um als LehrerIn arbeiten zu können. “Ich hatte die Arbeit damals in der engen Feuerbacher Wohnung geschrieben – wer sie mir aber auf der Schreibmaschine geschrieben hat, weiss ich heute nicht mehr.”, erinnert sich Hella Pflantz bei der Buchpräsentation zusammen mit Erika Porten in der Weilimdorfer Heimatstube an diesem sonnig-kalten Wintertag im November.

“Ich erhielt immerhin die Benotung GUT für diese Arbeit!”, schmunzelte Pflantz. Auf das Thema “Das Leben in einem württembergischen Dorf am Ende des 18. Jahrhunderts. Nach den Kirchenkonventionsprotokollen von 1776 bis 1804” wurde sie durch den Volkskundler Helmut Dölker aufmerksam gemacht. Sie forschte daher im Gemeindehaus in der Ludmannstraße nach Unterlagen, konnte die Kirchenkonventionsprotokolle “auf guten Glauben” ohne Unterschrift mitnehmen und für Ihre Arbeit nutzen. Diese bestand darin, die handschriftlichen Texte aus dem Altdeutsch in das neue Deutsch zu bringen, Zusammenhänge herzustellen und mit neuen Formulierungen miteinander zu verbinden.

Kirchenkonventionsprotokolle waren in der Zeit des 18. Jahrhunderts die “Tagebücher” einer jeden Gemeinde. Pfarrer, Schultheiß und wichtige Personen des Ortes trafen sich regelmäßig, um wichtige Dinge zu besprechen, Beratungen durchzuführen, Straftäter zu ermitteln und Urteile zu fällen sowie kleine Strafen zu verhängen. All dies wurde protokolliert. Es ist ein Blick in die sozialen Strukturen des alten “Weil im Dorf”: berichtet wird von Liebschaften, Geschäften, Handel – und auch von Selbstmorden. So ist zu lesen: “Im April 1774 hatte sich der Casus tragicus ereignet, daß die 22jährige Christiane Magdalena Schönwalters – übrigens des Hanß Jörg Schönwalters Tochter – sich in den ¼ Stunde entfernt gelegenen Tachensee gestürzt und elendiglich ersäuft hat.” Ebenso erfährt man, dass 1791 die Schulbibliothek eingerichtet wurde – die aber zunächst nur aus 3 Büchern bestand. Tragendes Element der Kirchenkonventionsprotokolle war auch die “Lichtkärz” in Weil im Dorf. Diese wird durch den Heimatkreis auch heute wieder angeboten und erfreut sich bei Jung und Alt großer Beliebtheit.

Das Buch erscheint in einer Erstauflage von 500 Exemplaren und wird erstmals auf dem Weilimdorfer Weihnachtsmarkt am 30. November und 1. Dezember 2013 zum Subscriptionspreis von 9,50 Euro angeboten. Anschließend ist das Buch über den Heimatkreis erhältlich, alle Infos gibt es auch unter www.weilimdorfer-heimatkreis.de.

Hella Pflantz kann sich nun nach Erscheinen des Buches auch vorstellen, wieder “aktiv” in den Schuldienst zu gehen und als Projektarbeit mit den Kindern sich über das Leben in Weilimdorf vor über 200 Jahren zu unterhalten. Immerhin hat sich in jungen Jahren mehr Kinder unterrichtet als heutzutage vorstellbar: “78 Schüler hatte ich gleichzeitig im Physikunterrricht vor mir!”, erinnerte sich die Lehrerin – es war eine vierte Klasse.

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