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SSB Depot für Weilimdorf: Neben der Flachter Straße nun auch eine Variante “Motorstraße Süd” im Spiel

Mit der Ankündigung der SSB und Stadtverwaltung am 30. Januar 2018 im UTA (Umwelt-Technik-Ausschuß der Stadtverwaltung), im Stadtbezirk Weilimdorf einen neuen SSB-Stadtbahnbetriebshof bis 2023 bauen zu wollen, gingen die Wogen in Weilimdorf hoch – neben Zustimmung gab es auch viele kritische Stimmen zu einem möglichen Standort an der Flachter Straße – bei der Bürgerversammlung am 12. März 2018 in der Lindenbachhalle kam nun ein möglicher neuer Standort mit der “Motorstraße Süd” hinzu.

Die Lindenbachhalle war bis auf den letzten Platz besetzt – mehr als 400 Weilimdorfer waren der Einladung des Bezirksamtes Weilimdorf und der SSB gefolgt, die Präsentation, die am 14. Februar 2018 im Bezirksbeirat erstmals gezeigt wurde (weilimdorf.de berichtete), erläutert zu bekommen – und um neue Arbeitsergebnisse zu weiteren Alternativstandorten zu erhalten. Dr. Volker Christiani,
Leiter Stabsbereich Planung, SSB AG, Rainer Wallisch vom Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung und Weilimdorfs Bezirksvorsteherin Ulrike Zich erläuterten den Zuhörern zunächst nochmals in großer Ausführlichkeit die Planungen, wie sie bis zum 14. Februar 2018 gediehen waren. Ein neuer Betriebsbahnhof im Stuttgarter Norden ist notwendig, da die bestehenden Einrichtungen wie in Möhringen, Heslach, Remseck und am Neckarpark mit den derzeitigen Zügen voll ausgelastet sind, die SSB wegen der Zunahme der Fahrgäste und des Netzausbau bis 2023 aber insgesamt weitere 20 Zügen im Vergleich zu 2017 (204) in Betrieb nehmen muss, um das Netz zufriedenstellend auch bedienen zu können. Um alle Züge morgens “pünktlich” zu ihren Startpbahnhöfen bringen zu können, ist daher ein vierter Betriebshof im Nordwesten der Landeshauptstadt Stuttgart unumgänglich. Mit Start eines Flächensuchlaufs im Sommer 2016 wurden verschiedene Flächen auf Stuttgarter Gemarkung geprüft – übrig blieb am Ende als “bedingt geeignet” nur ein Standort an der Flachter Straße.

Mit Bekanntwerden dieser Pläne begannen die Parteien des Bezirksbeirates, aber auch Privatpersonen wie z.B. das “Aktionsbündnis SSB Depot” nach Alternativen zu suchen, da ein SSB-Depot an dieser Stelle zum einen sehr nahe an die Wohnbebauung der Glemsgau- und Ditzinger Straße reichen würde, in ein Landschaftsschutzgebiet mit hohem Erholungswert für Weilimdorf massiv eingegriffen, sowie die Frischluftschneise “Reisachmulde” erheblich eingeschränkt würde. Insbesondere der seit Jahrzehnten bestehende Obsthof Hörnle wäre mit seinen Fruchtfeldern erheblich betroffen, da die Plantagen bei diesem Standort bis an die Betriebshalle heranreichen würden, der Luftaustausch reduziert und das Grundwasser aufgestaut bzw. umgeleitet würde: “Ich sehe meine Existenz bedroht!”, so Chris Hörnle, und betont weiter: “Es besteht die Gefahr von Fruchtfäulen und Blattkrankheiten durch die Stauwirkung in der Luft und im Boden”.

Mit den insgesamt sieben seit Mitte Februar eingegangenen Standortvorschlägen hat die SSB bis zur Bürgerversammlung diese überprüft. Aus Eigentümergründen ausgeschlossen werden mussten die Vorschläge Recyclinghof und Möbellager, wegen Platzmangel ist ein Bau an den “Straßenäckern” zwischen B295 und S-Bahnllinie nahe Ditzingen nicht möglich, die Parkplatzfläche im Gewerbegebiet an der Motorstraße weist ein zu großes Gefälle auf, an der Fläche vor Hausen wäre der Lärmschutz nicht gewährleistet und eine Zuwegung extrem schwierig. Letztlich neben der “Flachter Straße” blieben die Optionen “Sergraben” vor der Hemminger Straße und die Landwirtschaftsfläche am westlichen Ende der Motorstraße (“SÜD”) übrig. Ausgeschlossen werden musste dann aber auch, so Christiani erläuternd, der “Sergraben”, da hier massiv in das Gelände eingegriffen werden müsste, zum einen an der B295 mit Aushub und mit Auffüllung direkt an der Frischluftschneise zur Reisachmulde – womit dieser Standort erst vor wenigen Tagen “aus dem Rennen genommen” werden musste.

“Der Standort Motorstraße Süd jedoch erscheint uns sehr geeignet!”, so Christiani – und bekam vom Publikum für diese Aussage auch kräftigen Applaus. Bei diesem Standort am Westrand des Gewerbegebietes mit einer Zufahrt für die Züge der SSB von Süden her liegen derzeit die Schwerpunkte der weiteren Planungen beim Stadtplanungsamt und den Planern bei der SSB. Die Zuwegung würde über einen Abzweig einer Doppelstrecke an der Rastatter Straße erfolgen, die Schienen mit einem entsprechenden Gefälle auf das Höhenniveau der B295 runtergezogen. Dadurch werden für die Feld- und Fußwege sowie die Brücken oberhalb der B295 keine Ampelkreuzungen benötigt. An der Flachter Straße würden die Schienen den Kreuzungsbereich mit einer Parallelschaltung zum Verkehr der Bundesstraße queren, anschließend ein neuer Haltepunkt “Flachter Straße” entstehen. Vor der Weissacher Straße plant die SSB nun einen Abzweig zum S-Bahnhof mit einer Endhaltestelle. “Hier ergaben unsere Berechnungen eine Entlastungswirkung von rund 1.200 Fahrgästen pro Tag für hochbelastete S6/60 zwischen Weilimdorf und Feuerbach, wenn wir die Linie U13 bis an die S-Bahn heranführen”, so Christiani erklärend. Auch rücke wenigstens der Nordostrand von Hausen mit den beiden Haltepunkten in den 600-Meter-Radius der fußläufigen Erreichbarkeit der Straßenbahnverbindung. Mit der Weiterführung der Strecke über die Weissacher Straße hinweg entlang der B295 Richtung Autobahn würde man anschließend das zukünftige Gelände “Motorstraße Süd” erreichen. Mit einem Schwenk nach Norden und der Absenkung der Strecke zur Unterquerung der S-Bahnstrecke erreiche man bereits ein sehr gutes tiefes Niveau, ohne dass das nach Norden abfallende Gelände großartig aufgefüllt werden müsse. Zudem besteht hier die Option einer späteren Erweiterbarkeit des Betriebshofes.

Mit der Vorstellung des möglichen Standortes an der Motorstraße gelang es Christiani, die der Präsentation folgende Diskussionsrunde zu entschärfen, so dass am Ende die von vielen Weilimdorfern vorgebrachten Bedenken für einen Standort an der Flachter Straße relativ nebensächlich blieben. Eindringlich warnten einige Redner allerdings davor, das Problem Lärm bei einer Weiterverfolgung des Standortes Flachter Straße nicht zu unterschätzen: “Bis zu 80 Dezibel wurden bei Messungen von Kurvenfahrten gemessen!”, so der Weilimdorfer Uwe Schürrle an Christiani gewandt. Zwar würde die Zuwegung über eine Kurve an der Flachter Straße auf der entgegengesetzten Seite der Bebauung sein, doch die Hauptwindrichtung West trüge den Schall bis nach Weilimdorf rein. Christani versicherte hier, dass bei einer Weiterverfolgung dieses Standortes ein Lärmgutachten erstellt werden müsse. “Grenzwerte dürfen nicht überschritten werden”, so der Leiter des SSB Stabsbereich Planung. Auch die Risiken für den Obsthof Hörnle will die SSB eingehend prüfen, so die Motorstraße Süd aus noch unbekannten Gründen nicht weiterverfolgt werden könne. Ebenso ist auch die Lärmemission an der Abzweigung Rastatter Straße noch nicht gänzlichst vom Tisch: “Hier tüfteln wir noch, wie wir den Lärm unter die gesetzlichen Grenzwerte bringen können!”, versicherte Christiani auf Nachfrage von Gisela Knäpple.

Kritisch sehen den Standort “Motorstraße Süd” hingegen Weilimdorfs Landwirte Ludmann und Ritz: “Das sind unsere besten Böden, die wir dort haben!”, so Ritz (siehe Foto rechts), “Dort kann man alles anbauen, egal ob Kartoffeln oder andere Feldfrüchte. Es wächst dort einfach alles bestens! Und obwohl wir ein Bodenschutzgesetz haben – das ist noch lange nicht so gut wie für Käfer in einem Park, die es gar nicht gibt!” – und hatte mit dem Vergleich zu Stuttgart 21 die Lacher des Abends auf seiner Seite.

Auch Landwirt Joachim Ludmann kritisierte, dass bei der Ausweisung des Gewerbegebietes Weilimdorf den Bauern im Ort versprochen wurde, dass “nie und nimmer” westlich von Siemens einmal was gebaut werden würde – das Versprechen sei ja mit den Planungen und einem möglichen Bau nun obsolet.

“Die kommenden drei Sitzungen am 21.03., 18.04. und 16.05. wird die Klärung des Standortes für ein SSB Depot in Weilimdorf auf jeder Bezirksbeiratssitzung in Weilimdorf Tagesordnungspunkt sein!”, versicherte Bezirksvorsteherin Ulrike Zich auf Fragen zur weiteren Vorgehensweise. Der Aufsichtsrat der SSB wird sich mit dem Projekt im Juni 2018 abschließend befassen. “Bis Ende 2019 Anfang 2020 hoffen wir dann das Planfeststellungsverfahren abgeschlossen zu haben, 2020 folgt die öffentliche Auslegung für die betroffenen Anwohner. Wenn das abgeschlossen ist, hoffen wir Ende 2020 Anfang 2021 den Planfeststellungsbeschluss zu haben und werden das Depot von 2021 bis 2023 bauen – und dann umgehend in Betrieb nehmen!”, so Christiani zur Frage des weiteren Zeitablaufs ab dem Sommer 2018 durch Alexandra Anhäuser.

Am Montag, 19. März 2018, sind alle interessierten Weilimdorfer eingeladen, den Stadtbahnbetriebshof Möhringen zu besichtigen. Treffpunkt: U6-Haltestelle Rohrer Weg um 16 Uhr, erreichbar ist die Haltestelle ab Löwen-Markt mit der U6 (reine Fahrzeit 38 Minuten). Es wird eine Führung durch die Anlage durch fachkundigen SSB-Mitarbeiter angeboten, mit Erläuterungen der Abläufe und Tätigkeiten auf einem Betriebshof und Demonstration der Ein- und Ausfahrt einer Bahn in die Abstellanlagen. Der Zeitrahmen beträgt ca. 1,5 Stunden. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.