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Vollversammlung des Flüchtlingskreises Weilimdorf: Helferschar auf rund 300 angewachsen

Das Dietrich-Bonhoeffer-Gemeindezentrum platzte am Montagabend, 09. November 2015, schier aus allen Nähten, der Gemeindesaal war nahezu bis auf den letzten Platz besetzt. Der Flüchtlingskreis Weilimdorf war zu seiner vierten Vollversammlung in den Pfaffenäcker gekommen.

Das Dietrich-Bonhoeffer-Gemeindezentrum platzte am Montagabend, 09. November 2015, schier aus allen Nähten, der Gemeindesaal war nahezu bis auf den letzten Platz besetzt. Der Flüchtlingskreis Weilimdorf war zu seiner vierten Vollversammlung in den Pfaffenäcker gekommen.

“Die letzten Wochen haben uns in die Praxis gespült, wir sind in der Realität angekommen!”, begrüßte Bezirksvorsteherin Ulrike Zich und Sprecher des Flüchtlingskreises Werner Bossert die Teilnehmer. Inzwischen ist die Spechtweghalle komplett belegt, 227 Betten sind in den Boxen bzw. Kojen an vornehmlich Familien mit kleinen Kindern vergeben, junge Männer sind in der Minderheit. Die Helfer des Flüchtlingskreises attestierten den Bewohnern der Spechtweghalle ein homogenes Verhalten, man nimmt Rücksicht aufeinander, trotz der Problematik dass kaum Privatsphäre herrsche. “Die Halle ist eine Notunterkunft, wir haben also eher hier einen Ausnahmezustand!”, befand Ulrike Zich. Die Flüchtlingswohnheime in Hausen, an der Solitudestraße wie auch das Evangelische Waldheim Lindental können erst ab dem Jahreswechsel 2015/16 bzw. Frühjahr 2016 belegt werden.

Ob in Folge des dann erfolgenden Umzuges der Flüchtlinge aus der Spechtweghalle diese wieder dem Schul- und Vereinssport zur Verfügung stehen kann, ist derzeit ein großes Fragezeichen, zumal der Flüchtlingsstrom nach Deutschland trotz des nahenden Winters nicht abreißt – sowie die Landeshauptstadt Stuttgart monatlich 1.200 neue Flüchtlinge im Stadtgebiet unterbringen muss. “Ich verweise nochmal darauf, dass die Spechtweghalle durch die Stadtverwaltung bewußt als Notunterkunft gewählt wurde, weil die Halle über kurz oder lang sowieso eine Generalsanierung notwendig hat. Dies ist auch der Grund, warum die Wohn-Kojen direkt auf dem Hallenboden ohne Schutzschicht aufgebaut wurden!”, betonte Bezirksvorsteherin Ulrike Zich.

Diversen Gerüchten zu “Hungerstreik”, “Protestmarsch”, “Suiten” als Wohnbereich, “Catering Häppchen” wie “Aufständen” traten Bezirksvorsteherin Ulrike Zich und aktive Betreuer der Flüchtlinge vom Flüchtlingskreis entschieden entgegen: “Diese Behauptungen sind allesamt reiner Quatsch!”, so die unisonen Aussagen der Helfer. Die “Suiten” sind drei Stockbetten (also für maximal 6 Personen) und zugehörige Schränke in rund 3×3 Meter großen “Boxen”, abgeschirmt nur durch Bauzaunelemente ohne Lärmschutz, ein Hungerstreik oder Protestmarsch wegen des Essens hat es nie gegeben. Das “Catering” ist eine Anlieferung von warmen wie kalten Speisen, zubereitet und gekocht in Großküchen, die auch Stuttgarts Kindergärten wie Kitas und Schulen beliefern. Es kommt durchaus vor, dass das Essen an manchen Tagen mal knapp wird – was in solchen Fällen aber dann eher dem guten Geschmack der Speisen wie dem unterschiedlich großen Appetit der Flüchtlinge geschuldet ist.

Ingrid Bohsung betonte, dass die Flüchtlinge in der Spechtweghalle bislang durchwegs sehr friedlich und umsichtig sind, auch die Polizei habe ihr gegenüber die Menschen dieser unterschiedlichsten Nationen ausdrücklich gelobt: “Es entwickelt sich gerade alles zu einer großen Gemeinschaft!”, so Bohsung.

In den Startlöchern stehen nun die Einschulungen der Flüchtlingskinder, ebenso der Sprachunterricht. Jener wird nicht nur durch Helfer des Flüchtlingskreises angeboten, auch die VHS Stuttgart wird Kurse anbieten, wie auch der von der Stadt beauftragte Weiterbildungsanbieter Educom GmbH. “Sprachkurs müssen auf Teufel komm raus organisiert und durchgeführt werden, um die Menschen bei uns integrieren zu können!”, so Bezirksvorsteherin Ulrike Zich.

In Folge der Ermordung eines Flüchtlingskindes in Berlin durch einen Pädophilen müssen nun allerdings die Helfer des Flüchtlingskreises, die sich insbesondere in die Kinderbetreuung einbringen, ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen. Dies wird aber durch den Sozialdienst EVA organisiert und bezahlt. Auch gilt weiterhin, dass kein “nicht registrierter Mensch” die Spechtweghalle betreten kann bzw. darf: Mehrfach wurde bereits ohne Erlaubnis versucht, die Flüchtlinge zu kontaktieren um sie “irgendwohin” zu fahren, sei es zu angeblichen Moscheen oder anderen “sozialen Einrichtungen”. Es sei bekannt, dass die Salafisten-Szene in Stuttgart stark bemüht sei insbesondere junge Männer aus den Flüchtlingsunterkünften zu kontaktieren. Dies will und werde man durch die Registrierung der Helfer wie auch das polizeiliche Führungszeugnis unterbinden, so Zich.

“Ohne die vielen Helfer wäre der Hallenbezug nicht so reibungslos verlaufen!”, lobte Werner Bossert die Ehrenamtlichen. Es gebe bei vielen Dingen “noch Sand im Getriebe”, da man mit der Flüchtlingshilfe in diesem Umfang in Weilimdorf Neuland betreten habe und man durch die vorzeitige Belegung der Spechtweghalle nahezu “ins kalte Wasser” geworfen worden sei. Inzwischen aber nähert sich der Flüchtlingskreis einem immer besseren Ablauf der “Hilfe zur Selbsthilfe” für die Flüchtlinge im Stadtbezirk.

Die Kleiderkammer im alten Rathaus ist inzwischen “randvoll”, derzeit kann nichts mehr abgegeben werden. “Es war und ist beschämend, was manche Menschen kartonweise als Spende uns gebracht haben!”, so Ulrike Zich. Löcher in Kleidung, durchgerebbelte Bettwäsche und dreckige Schuhe sind nur ein Teil dessen, was letztlich nur per Mulde entsorgt werden kann bzw. konnte. Die Kritik aus der Bevölkerung, die Kleiderspenden sich von den Flüchtlingen bezahlen zu lassen, wies Zich weit von sich: “Die Erfahrungen in anderen Städten haben gezeigt, dass wenn man den Menschen alles kostenlos zur Verfügung stellt, diese mehr mitnehmen als sie brauchen und dann nur wegwerfen. Wir verlangen nur Cent-Beträge, vielleicht bei einigen Dingen einen Euro je Kleidungsstück, damit dies einen Wert für die Flüchtlinge hat! Zudem fließen die Einnahmen zu 100 Prozent zurück in die Flüchtlingshilfe, sei es für Anschaffungen von Bastelmaterial für die Kinder, Schulmaterial für die Schüler und auch Ersatzmaterial für defekt gespendete Fahrräder für die Fahrradwerkstatt des Flüchtlingskreises!”

Inzwischen hat sich eine Gruppe der Flüchtlinge auch angeboten im Stadtbezirk den achtlos weggeworfenen Dreck der WeilimdorferInnen einzusammeln – in Zusammenarbeit mit “Let´s Putz” in Stuttgart soll nun mit der Siedlergemeinschaft Wolfbusch baldmöglichst eine gemeinsame Aktion organisiert werden. Bis das so weit ist, sorgen die Flüchtlinge aus eigenem Antrieb schon einmal für ein ordentliches Erscheinungsbild rund um die Spechtweghalle.

Alles in allem sei man in Weilimdorf trotz der schwierigen Situation auf einem guten Weg, die Flüchtlinge im Stadtbezirk nicht nur willkommen zu heißen, sondern auch zu integrieren. Doch die wahren Herausforderungen werden wohl erst in 2016 kommen, wenn alle Einrichtungen im Stadtbezirk voll belegt sein werden, so Zich und Bossert.

Webseite des Flüchtlingskreis Weilimdorf:_
www.fluechtlingskreis-weilimdorf.de

__Sprecher des Flüchtlingskreises (redaktion@fluechtlingskreis-weilimdorf.de):__
Herr Werner Bossert,
Frau Annette Schäfer
Frau Emel Kazanc

__Sprecher der Gruppen:__

__Kleiderkammer (kleiderkammer@fluechtlingskreis-weilimdorf.de):__
Frau Marlies Bossert
Frau Ellen Walter
Frau Heidrun Huth,
und als Stellvertreterin
Frau Angélique Obst

__Gemeinsame Aktionen:__
Herr Werner Bossert
Herr Kristian Dujmic
Frau Sofia Garcia Slamal
Frau Claudia Kowol

__Sicherheit/Gesundheit:__
Frau Ingrid Bohsung
Herr Detlev Gogler

__Sprachschulung:__
Herr Ahmad Jaber
Frau Helga Willers

_Lebensbegleitung:
Frau Susanne Meixner
Frau Petra Garcia Slamal
Frau Christine Schwaderer

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