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Wasserwerfer, Pfefferspray und Tränengas: Stuttgart 21 Proteste nicht mehr friedlich

Die Tage des friedlichen Protests gegen Stuttgart 21 sind gezählt: Erstmals wurde die Polizei ohne durch die Demonstranten provoziert worden zu sein gewaltätig und setzte neben Wasserwerfern, Pfefferspray und Tränengas auch Schlagstöcke und Fäuste ein.

Bereits in den Vormittagsstunden kam es zu einer ordnungsgemäß angemeldeten Schülerdemonstration, die von der Polizei umgehend abgedrängt wurde. Nach SWR-Informationen gab es mehrere Verletzte. Ein Großaufgebot der Polizei sperrt einen Teil des Schlossgartens ab, wo in der Nacht erste Bäume gefällt werden sollen. Hierbei kam es zur Eskalation, ohne Vorwarnung wurden Wasserwerfer und Tränengas eingesetzt.

Zitat SWR.DE:__ “Ein Sprecher der “Parkschützer” sprach von 300 bis 400 Menschen, die bis zum Nachmittag leichte Augenverletzungen erlitten. Darunter auch Schüler. Ein Mädchen habe eine Gehirnerschütterung erlitten, sagte Matthias von Herrmann, ein weiterer Sprecher der Gegner: “Es wurde kein Unterschied zwischen Jugendlichen und Erwachsenen gemacht.”

__Zitat Polizeipressestelle:__ “Seit Beginn der Absperrarbeiten der Polizei am Donnerstagvormittag (30.09.2010) zur Sicherung der Baustelle für die Grundwasseraufbereitungsanlage im Stuttgarter Schlossgarten (siehe PM vom 30.09.2010, Stand: 10.30 Uhr) sind die Proteste der Gegner des Bahnprojekts im Laufe des Tages immer heftiger geworden. Die eingesetzten Polizisten bauten an der Seite zum ehemaligen Zentralen Omnibusbahnhof bis ins angrenzende Parkgelände Gitterreihen zur Absperrung des Geländes auf. Bis zu 1.500 Gegner, Tendenz steigend, versammelten sich bereits in den frühen Nachmittagsstunden im Park und blockierten Einsatzfahrzeuge der Polizei.”

__Zitat Pressemitteilung Parkschuetzer.de:__ “Der friedliche Schülerstreik von mehreren tausend Schülern gegen Stuttgart 21 entartet zur Stunde in pure Polizeigewalt. Die Polizei geht im Mittleren Schlossgarten brutal gegen friedlich demonstrierende jugendliche Schüler vor, setzt Knüppel, Wasserwerfer, Reizgas und Pferde gegen die Menschen ein. Es gibt bereits jetzt über 50 am Auge Verletzte durch Reizgas, darunter auch ein Baby sowie zahlreiche 10- und 12-jährige Mädchen. Inzwischen sind zahlreiche Bürger zu den Schülern hinzugestoßen. Trotz mehrerer Notrufe sind keine Rettungskräfte vor Ort, um sich um die durch das Reizgas verletzten Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen zu kümmern. Außerdem wurden bislang 9 Nasenbrüche gezählt.”

__Zitat tagesschau.de:__ “Rambo-Einsatz gegen Kinder und Alte: Der Parlamentarische Fraktionsgeschäftsführer der Grünen, Volker Beck, sagte gegenüber tagesschau.de, wenn der Staat “die Mehrheit der eigenen Bevölkerung, Kinder und Alte, mit Wasserwerfern und Pfefferspray bekämpfen muss, ist es schon zu weit gekommen”. Nun sei “kein Rambo gefragt, der den Menschen zeigt wo der Hammer hängt”. Dies beschädige den demokratischen Rechtsstaat, warnte Beck. Mit der gegenwärtigen “Strategie der Gewalteskalation” werde der Widerstand gegen “Stuttgart 21″ nicht gebrochen, sondern das Projekt delegitimiert.”

__Zitat stern.de:__ ” “Erschüttert” zeigten sich auch der evangelische Landesbischof Frank Otfried July und der katholische Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, über die Eskalation. Sie riefen alle Parteien auf, “unverzüglich vom Einsatz gewalttätiger und illegaler Mittel Abstand zu nehmen”. Wer Verantwortung für den Frieden in der Bürgerschaft trage, müsse bereit sein, zum Tisch des gemeinsamen Gesprächs zurückzukehren. Eine erschreckende Unversöhnlichkeit, wie sie bei den aktuellen Vorgängen zutage trete, erschüttere das Gemeinwesen in seinen Grundfesten.”

__OB Schuster zu den heutigen Ereignissen im Schlossgarten: Im Anschluss an eine Demonstration in der Innenstadt sind heute zahlreiche Menschen im Schlossgarten verletzt worden. Dazu Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster: „Es war trauriger Tag für Stuttgart. Die Vorkommnisse machen sehr betroffen. Ich bedauere sehr, dass Menschen verletzt wurden und vor allem dass Kinder und Jugendliche zu Schaden gekommen sind.

Wir prüfen derzeit, wie es dazu kommen konnte. Klar ist bislang: Es gab eine Genehmigung für die Demonstration, die am 24. September von einer Vertreterin der ‚Jugendoffensive gegen Stuttgart 21’ angemeldet wurde. Diese Organisation bezeichnet sich als ‚revolutionär sozialistisch’. Auf Grund der Ereignisse am Vormittag sind die Schüler dann von den Veranstaltern aufgefordert worden, sich abweichend von der genehmigten Demonstrationsroute sofort in den Schlossgarten zu begeben.

Auch mir tut es weh, wenn ein Baum gefällt wird. Wir sollten aber nicht vergessen, dass wir in Stuttgart über 100.000 Straßenbäume haben und 5.000 Hektar Wald mit etwa 700.000 Bäumen. Die Bahn ist zudem verpflichtet, mehr Bäume zu pflanzen als zu fällen. Außerdem wird die Stadt den Park um 20 Hektar erweitern. Ich habe die dringende Bitte an alle – ob Sie für oder gegen Stuttgart 21 sind – die Situation nicht weiter eskalieren zu lassen. Ich wiederhole ausdrücklich meine Bereitschaft, mit Gegner gemeinsam ein Dialogforum für die Bürger anzubieten.“

_Fotos © Andreas Rosar, Fotoagentur-Stuttgart.de

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