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An Gertrud und Otto Mörike erinnert

Große Resonanz fand der Vortragsabend über Gertrud und Otto Mörike zu dem die evangelische Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde und der Weilimdorfer Heimatkreis einluden. Die 19-jährige Abiturientin Yvonne Städter aus Weinsberg hatte ein Jahr lang für eine Seminararbeit über kirchlichen Widerstand im Nationalsozialismus am Beispiel des Ehepaars Gertrud und Otto Mörike recherchiert und referierte an dem Abend über ihre Ergebnisse. Ausführlich schilderte Städter die mutige Haltung des Ehepaares zur Zeit der Hitlerdiktatur: Bereits als Pfarrer in Oppelsbohm (Kreis Waiblingen) fiel Otto Mörike den NS-Machthabern auf, als er plakatierte „Der Reichsbischof lügt“ ( gemeint war der von Hitlers Gnaden ernannte Reichsbischof). 1935 übernahm er die Pfarrei in Kirchheim/Teck und machte aus seiner Abneigung gegen das NS-Regime weiterhin keinen Hehl. 1936 wurde ihm die Lehrbefugnis für den Religionsunterricht entzogen. Anlässlich der Abstimmung zum Anschluss Österreichs am 10. April 1938 legten Gertrund und Otto Mörike Erklärungen zu ihrer Stimmentscheidung in die Wahlurne. Während Otto Mörike dem Anschluss Österreichs zustimmte und nur gegen die Hitlerpartei stimmte, verweigerte Gertrud Mörike in allen Punkten ihre Zustimmung. Gertrud Mörike erkannte bereits damals, das Hitler zum „Verderben unseres Volkes“ führen wird und schrieb dies auch in ihre Wahlerklärung. Noch in der gleichen Nacht drangen die SA-Horden in das Pfarrhaus ein, Otto Mörike wurde schwer misshandelt, festgenommen und zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. 1939 musste Mörike die Gemeinden Weissach und Flacht übernehmen. Das Ehepaar Mörike organisierte Unterstützung für inhaftierte Pfarrer und deren Angehörige. Im Pfarrhaus gab er verfolgten Juden Unterkunft, so auch dem jüdischen Ehepaar Krakauer, das bis zum Kriegsende über 800 Tage in Deutschland auf der Flucht war. Max und Karoline Krakauer kamen bei ihrem Wechsel der Unterkünfte auch einige Male durch Weilimdorf.

1947 wurde Mörike Pfarrer in Weilimdorf und 1953 bis zum Ruhestand Dekan in Weinsberg. 1971 wurde das Ehepaar Mörike in Israel als „Gerechte unter den Völkern“ geehrt. In Yad-Vashem erinnert noch heute ein Baum in der „Allee der Gerechten“ an Gertrud und Otto Mörike, da sie jüdische Mitmenschen vor der Vernichtung gerettet haben. Yvonne Städter illustrierte ihren Vortrag mit Bildern aus dem Leben des Ehepaares und lies auch Otto Mörike im Originalton zu Wort kommen, indem sie Ausschnitte aus einem Interview einspielte, dass Otto Mörike 1978 wenige Monate vor seinem Tod führte.

Der Abend gab den Anwesenden, welche die Familie Mörike in Weilimdorf persönlich erlebt hatten auch die Gelegenheit, über Erinnerungen zu berichten. Aus den einzelnen Berichten wurde besonders deutlich, das Otto Mörike auch nach 50 Jahren bei vielen Weilimdorfern noch gegenwärtig ist und tiefe Spuren hinterlassen hat. Auch Mörikes Tochter Magdalene Riecke war an diesem Abend anwesend und konnte über persönliche Erlebnisse aus dem Familienleben berichten. So wussten sie als Kinder nicht, dass es sich bei den Gästen wie den Krakauers um Juden handelte. Die Hauptlast in dieser Zeit lag ohne Zweifel bei der Mutter, da Otto Mörike sehr oft dienstlich unterwegs war. Besonders gern erinnert sie sich an die Weilimdorfer Zeit und berichtet, dass ihr Vater nur ungern Weilimdorf verlassen hat. Er führte sogar einen regen Schriftwechsel um das Dekanat in Weinsberg nicht antreten zu müssen. Pfarrerin Kupfer-Feine bat zum Abschuss um Vorschläge, wie in Weilimdorf an dieses Ehepaar erinnert werden könnte. Die Versammlung unterstütze einmütig den Vorschlag, den Weg durch den ehemaligen Pfarrgarten nach Gertrud und Otto Mörike zu benennen. Jetzt liegt es an den städtischen Ämtern und Gremien diesen Wunsch zu erfüllen.

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