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Engagiert gegen den Nationalsozialismus

Christine Maria Czaja erzählte beim Monatsnachmittag der Sudetendeutschen Landsmannschaft Weilimdorf aus dem Leben ihres Vaters, dem CDU- Bundestagsabgeordneten Dr. Herbert Czaja.
Foto : Helmut Heisig

Stuttgart-Weilimdorf (-Giebel) :

Sein Leben war geprägt vom Einsatz für die Menschen. In Krakau waren es seine Professoren, die er während ihrer Festsetzung durch die Nationalsozialisten unter eigener Gefährdung mit Lebensmitteln und Decken versorgte. Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg waren es die Vertriebenen und Flüchtlinge in Stuttgart, denen er als Stadtrat mit Beratung und selbstlosen Hilfsleistungen, den Start in ihrer neuen Heimat erleichterte. Und letztendlich war es die Aussöhnung der Deutschen mit Polen und Tschechen, für die er als Bundestagsabgeordneter in Bonn seine Stimme erhob. Die Rede ist von Dr. Herbert Czaja, über dessen Anfangsjahre seines Lebens, die Tochter des CDU- Politikers, Christine Maria Czaja, in einem Vortrag erzählte.

Zunächst waren die zahlreichen Zuhörer, die der Einladung der Sudetendeutschen Landsmannschaft Weilimdorf ins “Haus der Begegnung” in Giebel gefolgt waren, sehr erstaunt von Christine Maria Czaja zu erfahren, dass auch heute noch, 13 Jahre nach dem Tod des engagierten Vertriebenenpolitikers, immer wieder neue Begebenheiten und Daten aus dem Leben ihres Vaters ihr bekannt werden. Doch Dr. Herbert Czaja hatte zuhause nur sehr wenig über sein Leben erzählt und keine Memoiren geschrieben, so dass Christine Maria Czaja, die nach dem Tod ihres Vaters begann eine Familienchronik anzulegen, bisher vieles in Archiven recherchieren und in persönlichen Gesprächen bei Begegnungen in der Heimat ihres Vaters zusammentragen musste.

Dr. Herbert Czaja, der 37 Jahre lang als CDU- Abgeordneter für Stuttgart im Bonner Bundestag saß und 24 Jahre lang als Präsident dem Bund der Vertriebenen in Deutschland vorstand, wurde am 5.November 1914 als Herbert Helmut Czaja in Teschen im damaligen Österreich- Schlesien geboren. Sein Vater Albert Czaja war ein angesehener k.u.k.-Notar, seine Mutter Aloisia eine musisch gebildete und gütige Mutter, die dem jungen Herbert Czaja eine sozial engagierte Einstellung vermittelte. Aufgewachsen in Skotschau, besuchte Herbert Czaja dort die kleine deutsche Volksschule und erlebte als Kind den polnisch-tschechischen Krieg und die Teilung seines Geburtsortes Teschen zwischen Polen und der Tschechoslowakei. Die Beskidenstadt Skotschau wurde polnisch und die Familie Czaja musste ihre seitherige österreichische Staatsbürgerschaft aufgeben und in die polnische Staatsbürgerschaft deutscher Nationalität wechseln. “Mein Vater hat Skotschau geliebt, trotz der schwierigen Spannungen und Kämpfe dort und er hat dies auch später immer wieder anklingen lassen”, so Christine Maria Czaja. Mit dem Besuch des Staatsgymnasiums in Bielitz, dem damals einzigen staatlichen Gymnasium mit deutscher Unterrichtssprache in Ostschlesien, lernte der junge Herbert Czaja mit seinem Griechischlehrer Dr. Eduard Pant dann den Mann kennen, der ihm politisch zum Vorbild werden sollte. 1933 in die “Deutsche Christliche Volkspartei” eingetreten, engagierte sich der Student Herbert Czaja zusammen mit Katholiken und Protestanten aus Oberschlesien und Polen gegen den Nationalsozialismus. Es war Senator Dr. Eduard Pant, der dieser Partei vorstand, die bis zu ihrem Verbot bei Kriegsbeginn antinationalsozialistisch eingestellt war. Christine Maria Czaja machte an dieser Stelle deutlich, dass ihr Vater von früher Jugend an aus seiner, der christlichen Grundhaltung des Elternhauses entspringenden Ablehnung des Nationalsozialismus, keinen Hehl gemacht habe und ihn geistig, weltanschaulich und politisch als Gymnasiast und Hochschüler in seiner Heimat unter schwierigsten nationalen Umständen bekämpft habe.

Im Jahre 1937 schließlich, legte Herbert Czaja an der Pädagogischen Fakultät der Universität Krakau seine Prüfungen als Gymnasiallehrer ab und bestand seine Magisterprüfung in den Fächern Deutsch, Philosophie und Geschichte. Der begabte Germanist wurde daraufhin von der Jagiellonen- Universität und dem polnischen Unterrichts- und Außenministerium für ein Stipendium an der Berliner Humboldt-Universität vorgeschlagen, jedoch wegen fehlender Referenzen nationalsozialistischer Gruppen, von Berlin abgelehnt. Nach einer Lehrertätigkeit am Staatsgymnasium in Mieletz in Galizien, promovierte der inzwischen 25-jährige Herbert Czaja in Krakau und wurde Assistent am Deutschen Seminar der Universität Krakau. In diese Zeit fiel auch der Beginn des Zweiten Weltkrieges und die Übernahme der Zivilverwaltung Krakaus durch die Deutschen unter der Herrschaft der SS. Es folgte die Verhaftung der Universitätsprofessoren der Krakauer Universität, denen Dr. Czaja unter Gefährdung seines Lebens mit Lebensmitteln und Decken zu Hilfe kam. Die Universität wurde geschlossen, doch mit Hilfe des Treuhänders, hatte Dr. Herbert Czaja weiterhin Zutritt zur germanistischen Seminarbibliothek, deren Bestände er schützen und vor der Vernichtung und Verbrennung retten konnte.

Dr. Czaja wurde nach einer Tätigkeit als Hilfslehrer am deutschen Gymnasium in Zakopane nach Przemysl in Galizien versetzt, wo er darauf bestand, zusammen mit den Internatsschülern seines Gymnasiums am Sonntag die Heilige Messe zu besuchen. Der Gymnasiallehrer wurde von der Hitler- Jugend und einem Teil seiner Kollegen daraufhin beschimpft und bei der Gestapo angezeigt. Dr. Herbert Czaja wurde nun überwacht, seine Post, die er von Skotschauer Juden aus dem Krakauer Ghetto und von anderen polnischen Freunden erhielt, geöffnet und dem Sicherheitsdienst übergeben. Durch die Anzeige der Ehefrau eines früheren Kommilitonen, wurde Dr. Herbert Czaja dann im Krakauer Gefängnis inhaftiert. Anklagepunkt war die Unterstützung von Juden und Polen, was als Hochverrat galt und mit der Todesstrafe geahndet wurde. Dr. Czaja konnte sein Leben nur durch einen freiwilligen Frontdienst retten, der ihn 1942 über Westpreußen und Holland nach Rußland führte, wo er im September 1943 infolge einer Granatsplitterverletzung sein rechtes Auge verlor. Im April 1945, geriet der Gefreite Dr. Herbert Czaja dann in amerikanische Kriegsgefangenschaft, deren Stationen das berüchtigte “Rheinwiesenlager” in Remagen- Sinzig, in Koblenz und in Südfrankreich waren. Ohne zu wissen, dass in seiner Heimat die Deutschen inzwischen völlig rechtlos, meist ständig mißhandelt, zum Teil in Internierungslagern, zum Teil in Zwangsarbeit lebten, kehrte Dr. Herbert Czaja nach seiner Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft, im Herbst 1945 nach Skotschau zurück.

Professor Kleczkowski von der Universität Krakau wollte ihn zu seinem Nachfolger vorschlagen, wofür sich Dr. Herbert Czaja pro forma zur polnischen Staatsangehörigkeit hätte bekennen müssen. Dr. Czaja lehnte jedoch aus grundsätzlichen Erwägungen ab, kam mit den ersten Vertreibungstransporten aus Breslau nach Alfeld in Niedersachsen, trat dort in die CDU ein und erreichte schließlich mit Hilfe eines Kriegskameraden Stuttgart. “Hier in Stuttgart, wurde mein Vater dann Aushilfslehrer am heutigen Wagenburg-Gymnasium, engagierte sich in der neu gegründeten Jungen Union und wurde im Dezember 1947 als Kandidat der CDU als vorerst einziger Vertreter der Vertriebenen in den Stuttgarter Gemeinderat gewählt”, so Christine Maria Czaja weiter. Mit der Hochzeit Dr. Herbert Czajas im Jahre 1948 und seinem selbstlosen Einsatz als Stadtrat für die zahlreichen Vertriebenen und Flüchtlingen in Stuttgart, beendete Christine Maria Czaja ihren Vortrag über das Leben ihres Vaters, der mit einem weiteren Referat über seine Zeit als Bundestagsabgeordneter und Präsident des Bundes der Vertriebenen bei einem der Monatsnachmittage der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Weilimdorf fortgesetzt werden soll.

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