(RED) Am Freitag, 03. Januar 2025 und Samstag 04. Januar 2025 rückte die Freiwillige Feuerwehr Weilimdorf mit Ihrem Drehleiterwagen „DLK 7“ zu einem nicht alltäglichen Einsatz aus: die Anbringung besonderer Banner an der Stephanuskirche im Giebel – und am Oswald-Gemeindehaus in der Ludmannstraße.
Was im Februar 2024 in Dresden an der Frauenkirche unter dem Motto „Wir haben die Wahl – Grundwerte als Pfeiler der Demokratie“ begann (siehe auch Berichterstattung des MDR), fand im Frühsommer 2024 im badischen Sulzburg in der Kirchengemeinde Sankt Cyriak am Rande des Schwarzwaldes seine Fortsetzung mit „Wofür wir stehen“ – und kam nun im Stuttgarter Nordwesten an: „Wir haben die Wahl – für Demokratie | Gegen Rechtspopulismus“, dafür steht die Evangelische Kirchengemeinde Weilimdorf ein. Der Aktion in Weilimdorf vorangegangen war zudem der Aufruf der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, nach bekanntwerden der Corretiv-Recherchen zu den Deportationsplänen der AfD im Januar 2024, dass diese Partei für Christinnen und Christen nicht wählbar sei (siehe Mitteilung des Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl auf www.elk-wue.de bzw. HIER).
Bereits im Frühjahr 2024 schlossen sich die Evangelischen Kirchengemeinden in Weilimdorf der lokalen Demokratieinitiative „Weil für Demokratie und Zusammenhalt“ an. Die Kirchengemeinderäte der Evangelischen Stephanuskirche im Giebel griffen die Dresdener wie Sulzburger Aktion im Juli 2024 erstmals auf, da in ihrer Parochie bei der Europawahl am 9. Juni 2024 die rechtspopulistische AfD auf einen Stimmenanteil von 27,6% kam. Es kam zum einstimmigen Beschluss, für künftige Wahlen ein Banner am Stephanus-Kirchenturm anzubringen, der den Vorbildern aus Dresden und Sulzburg ähnelt. Es folgten gemeinsame Beratungen mit dem Kirchengemeinderat der Oswald-Wolfbusch- sowie Dietrich-Bonhoeffer-Kirchengemeinde im Herbst 2024 – und der Beschluss, im Rahmen der Fusion der drei Gemeinden zum 1. Januar 2025 zur „Evangelischen Kirchengemeinde Weilimdorf“ im Stadtbezirk ebenso ein Zeichen zu setzen. Angedacht war allerdings, dass man diese Aktion erst im Frühjahr 2025 startet – als der Bundestagswahltermin noch auf den 28. September avisiert war.
Mit dem Ende der Ampel-Koalition und dem vorgezogenen Bundestagswahltermin auf den 23. Februar 2025, beschlossen die Kirchengemeinden, der kalten Winterzeit zu trotzen, fertigten die Banner an – die Freiwillige Feuerwehr Weilimdorf sagte umgehend ihre Unterstützung zu. Das Banner am Stephanuskirchenturm hat eine Größe von 12 x 4 Meter, das Banner am Oswaldgemeindehaus 5 x 2 Meter – im Hof des Dietrich-Bonhoeffer-Gemeindezentrums weht in Kürze eine große Flagge am Fahnenmasten mit den Worten
Wir haben die Wahl
Pluralismus
Teilhabe
Rechtsstaatlichkeit
Meinungsfreiheit
Streitkultur
Zivilcourage
Für Demokratie
Gegen Rechtspopulismus
Wie die Kirchengemeinden in Dresden und Sulzburg, sieht auch die Kirchengemeinde in Weilimdorf die Demokratie in Gefahr, wenn populistische Parteien die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, die am 23. Mai 1949 als Grundgesetz in Kraft trat und vergangenes Jahr 75 Jahre alt wurde, in Frage stellen und Werte wie Pluralismus, Teilhabe, Rechtsstaatlichkeit und die Kultur des Miteinanders verunglimpfen.
Die Montage des Banners im Giebel fand bei vorbeilaufenden Passanten viel positiven Anklang, viele Fotos wurden gemacht, die Aktion gelobt und „Danke“ gesagt. Es gab allerdings auch kritische Stimmen: „Die Kirche darf sich nicht in die Politik einmischen“ wie auch radikale Aussagen wie „die Demokratie gehört abgeschafft“. Ebenso war zu hören „das Grundgesetz wurde doch bei Corona bereits ausgehebelt und gilt nicht mehr“. Der Versuch anwesender Kirchengemeinderäte wie der Pfarrerin, diesen Falschaussagen sachlich zu begegnen, fand bei diesen Menschen kein Gehör.
Für die Freiwillige Feuerwehr Weilimdorf war es übrigens eine Selbstverständlichkeit, die Aktion zu unterstützen: „Wir stehen zu den Aussagen und finden die Aktion richtig“, so Kommandant Patrick Schöffner. Er und einige seiner Kollegen waren übrigens ehrenamtlich dabei und verzichteten auf jede Art des Versuchs eines besonderen Danks – mussten aber am Ende wenigstens akzeptieren, zum „Stephanus Kulturbesen“ am 8. Februar kostenfrei eingeladen zu sein. Ebenso waren alle übrigen beteiligten Helfer ehrenamtlich tätig.
Dass das Banner nicht an der Oswaldkirche selber angebracht wurde, obliegt der Tatsache, dass das Kirchengebäude unter Denkmalschutz steht.
Eine umfassende Bildergalerie zu den Montagen an der Stephanuskirche wie am Oswald-Gemeindehaus findet sich auf der Webseite der Kirchengemeinde HIER.