Mobile Jugendarbeit Weilimdorf stellte aktuelle Schwerpunkte dem Sicherheitsbeirat vor

Sicherheitsbeirat 2024 in Weilimdorf, Foto Hans-Martin Goede

(RED) Im Rahmen der Sitzung des Sicherheitsbeirat Weilimdorf stellten Oliver Wieland und Taciana dos Santos die Arbeitsfelder der Mobilen Jugendarbeit im Stadtbezirk vor – statt reiner Statistik gab es einen Einblick in den Tagesablauf.

In 2023 habe man 139 junge Menschen im Alter zwischen 14 und 27 Jahren betreut, war 112 mal auf der Straße unterwegs. Im Pavillon der „MJA“ in der Deidesheimer Straße 94 betreuen die Sozialarbeiter vier Gruppen mit jungen Menschen – und gaben im vergangenen Jahr in 70 Fällen Einhilfen, davon sind 41 Fälle „längerfristig“. „Die Hauptaltersgruppe, die wir betreuen, sind die über 18jährigen, gefolgt von den Jugendlichen“, so Wieland und dos Santos zu den Bezirksbeiräten. Bei den Jugendlichen und jungen Menschen ginge es bei den Gesprächen und Hilfen insbesondere im Probleme in der Liebe, mit Sex und Partnerschaft, dem Übergang zwischen Schule und Beruf, vor allem aber um deren Familiensituation.

„Beim Übergang von der Schule in den Beruf müssen wir leider immer wieder feststellen, wie wenig Know How in der Altersgruppe vorhanden ist. Wenn wir fragen, was Sie beruflich werden wollen, bekommen wir als Antwort nur die Schlagworte Daimler, Porsche oder Bosch. Hinzu kommen oft hohe Erwartungen vom Elternhaus – und daraus resultiert vielfach ein Scheitern in der Ausbildung, da falsche Vorstellungen mit schwierigen Startbedingungen aufeinander treffen“, so Wieland.

Auch die Familiensituation der jungen Menschen ist meist schwierig. Es gebe zu Hause viel Streitereien, Gewalt- wie Suchterfahrungen und Arbeitslosigkeit wie Armut der Eltern. Daraus resultieren Benachteiligungen auf verschiedensten Ebenen. „Viele Jugendliche werden bei Bewerbungen stigmatisiert durch die Wohnstraße oder ihren Namen. Sie werden von den Personalabteilungen so vorverurteilt“, weiss Wieland zu berichten. Hinzu kommen unterschiedliche Erwartungen der Eltern an Jungen und Mädchen: „Während wir Termine und Angebote für Jungs ohne Probleme in den Abendstunden anbieten können, müssen Mädchen darauf verweisen, dass sie bereits um 18 Uhr zu Hause sein müssen“. Auch beobachte die Mobile Jugendarbeit stark steigende Zahlen im Rahmen des „§8a“ (Jugendschutz): „Gegenüber der Zeit vor der Pandemie steigen hier die Zahlen rasant, wie uns das Jugendamt in Feuerbach mitteilte“, so Wieland.

Wichtig sei den Sozialarbeitern, dass sie den jungen Menschen gebenüber eine unbedingte Offenheit zeigen, sie verstehen und nicht verurteilen – und ihr Verhalten reflektieren. Dies gelte vor allem für straffällig gewordene jungen Menschen – die Gründe dafür sind vielfältig (Drogen, Gewalterfahrung, Sucht, Arbeitslosigkeit, fehlende Anerkennung wie Aussichtslosigkeit).

Die psychische Belastung der Jugendlichen werde vor allem an den Schulen sichtbar – hier betreuen die Sozialarbeiter der MJA derzeit 218 Einzelfälle, 195 davon sind sogar längerfristige Einzelhilfen. „Die Schüler leiden vermehrt an Stress und Angst durch steigenden schulischen Druck und eine schwierige Familiensituation“. Wieland zeigte sich entsetzt darüber, dass in vielen Familien die Kinder sich meist ein Zimmer teilen müssten, die Eltern teils sogar auf der Couch im Wohnzimmer schlafen würden: „Und das in Deutschland!“, so Wieland entsetzt. Seit 2019 seien die psychosomatischen Beschwerden von jungen Menschen in allen abgefragten Fällen erheblich angestiegen, angefangen bei der Gereiztheit und Einschlafproblemen, gefolgt von Kopfschmerzen und Niedergeschlagenheit, endend bei Bauchschmerzen, Nervosität und Rückenschmerzen. Nirgends sei im Ansatz erkennbar, dass eine Belastung sich stabilisiere oder gar abnehme.

Auch ist die MJA für Geflüchtete in Weilimdorf da: „Von den mehr als 1000 Flüchtlingen in Weilimdorf sind rund 400 Kinder und Jugendliche. Es gibt kaum Angebote für die Zielgruppe, da sich die Unterkünfte teilweise auch im Industriegebiet befinden“, so Wieland und dos Santos. Auch gebe es in den Schulen die unterschiedlichsten Voraussetzungen innerhalb von Klassenverbänden: „Einige Flüchtlingskinder waren noch nie in einer Schule, es gibt Analphabetismus“. Die MJA versucht mit unterschiedlichen Angeboten für diese Kinder und Jugendlichen in Weilimdorf integrative Arbeit zu lesen, sowohl in der Schule aber auch in der Freizeit (z.B. Ausflüge und Aktionen). 

Die Bezirksbeiräten dankten den Referenten abschließend für die Ausführungen: „Wenn es die MJA nicht bereits gäbe, müsste man sie unbedingt erfinden!“, so Dieter Benz (SPD). Jürgen Hanle (SÖS Linke) fügte an, dass durch die Einblicke statt reiner Statistikdaten die Arbeit noch mehr verstanden worden sei. Auch Barbara Graf (GRÜNE) dankte für die „eindrucksvollen Fakten“. Wieland gab dem Gremium einen besonderen Schlusssatz mit: „Ich bitte sie, die Jugendlichen in Ihrem Sein zu verstehen!“.

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