(AF) Zum achten Mal veranstaltete der gemeinnützige Verein Baye-Fall e.V. wieder das Afrika Festival auf dem Ernst-Reuter-Platz nach einer vierjährigen Pause aufgrund der Coronapandemie.
Am Samstag kurz nach Beginn des Festivals trat die Tanzschule Dancehouse74 mit Ihren SchülerInnen mit Solos, Duos und mehreren TänzerInnen vor der Bühne auf. Ausdrucksvolle, leidenschaftliche und energiegeladene Hip-Hop-Tänze inklusive akrobatischen Bewegungen mit einer atemberaubenden Performance begeisterten die zahlreichen inzwischen eingetroffenen Besucher. Die Hip-Hop-Kultur entstand in den 1970er Jahren in den Straßen von New York City und hat sich seitdem zu einer weltweiten Bewegung entwickelt.
Der darauffolgende geplante Tanzworkshop mit Bamba Gueye sowie auch der Auftritt des in Weilimdorf ansässigen Rappers Fosace Jay musste wegen Regen abgesagt werden. Leider war die große Bühne, die der Verein in den vergangenen Jahren nutzen konnte, vergeben und die kleinere Bühne erlaubte uns kein Bühnenprogramm aufgrund des Regens. Dazu muss gesagt werden, dass bei fünf von acht dieser Veranstaltungen jeweils ein bis zwei Veranstaltungstage im Regen stattgefunden haben, denn das Festival dauerte in der Vergangenheit drei Tage. Der Regen war auch in der Vergangenheit häufiger Begleiter des Festivals.
Inzwischen waren die KünstlerInnen auf dem Ernst-Reuter-Platz eingetroffen. Der Musiker, Tänzer und Choreograf Bamba Gueye sieht das Wetter mit Philosophie, denn „der Regen bringe Segen und wasche alles sauber und rein.“ Eine Gruppe von Gästen war unter den Sonnen(Regen)schirmen zusammengerückt und hielt geduldig dem Regen stand. So konnte dann, nachdem wieder blauer Himmel sichtbar wurde, wie geplant Kandara Diebatè & Memoire seine Bühnendarbietung starten. Wie jedes Kind einer Griot-Familie lernte Diebatè früh das Kora-Spiel (21-saitige Harfenlaute), die traditionelle südsenegalesische Soruba-Trommel und die Djembetrommel und er lernte Singen und Erzählen mystischer Geschichten seiner Kultur. Seit 2001 lebt der im Südsenegal geborene Kandara Diebaté in Tübingen. Zum Gedenken an seinen Vater, den berühmten Korameister Boubacar Diabaté, gründete er 2001 die Band Memoire. Mit seinem Sextett präsentiert Diebaté mit einem Crossover aus westafrikanischen und afrokaribischen Rhythmen traditionelle Lieder der Griots ebenso wie Eigenkompositionen mit moderner Rhythmik, beeinflusst vom Stil des europäischen Jazz – eine vielschichtige, wechselhafte und lebendige Musik, die das inzwischen wieder eingetroffene Publikum begeisterte und zum Tanzen brachte. Seine Texte handeln vom Leben in der Heimat, erzählen Geschichten über die Tradition der Griots und über seine Landsleute, von ihren Hoffnungen, Sorgen und ihrer Begeisterung für Musik. In Baden-Württemberg gibt Diebatè zahlreiche Workshops an Volkshochschulen und Schulen für Djembé und Kora.
Auch Mamoudou Doumbouya, der als nächster mit seiner Band die Bühne betritt, stammt aus einer Musikerfamilie in Guinea und erlernte schon früh verschiedene Instrumente. So steht er heute als Gitarrist, Trommler (Dumdum, Sangban, Kenkeni u.a.) und Sänger auf der Bühne. 2012 gründete er seine Freiburger Band Mamoudou&Friends“. Ihr Ziel ist es, ein neues Bild von Afrika zu kreieren und den Menschen hier zu zeigen, wie komplex und virtuos die afrikanische Musik sein kann.
Sie hat sich ebenso den Dialog und die Verschmelzung von traditioneller afrikanischer Musik, vor allem aus Doumbouyas Heimat Guinea (Westafrika), mit Salsa, Jazz und Blues zum Ziel gesetzt. Während seines Auftritts begann es wieder leicht zu regnen, was die Festivalbesucher nicht abhielt, dieses faszinierende und klangmalerische Musikerlebnis zu genießen.
An beiden Tagen gab es Verkaufsstände mit Kunsthandwerk aus Kenia und Marocco. Senegalesische Gerichte, Fanta, Cola, Bier & Co. und Getränke, wie Kräutersaft (in der Nachbarschaft hergestellt), Säfte aus Hibiskussirup und Rabarbarsirup, Kaffee und Kuchen konnten sich die Gäste während des Festivals gütlich tun.
Auch das Kinderzelt war munter belebt. Es wurde geschminkt, mit Tatoos geschmückt, gemalt und beim Rätseln kleine Preise gewonnen. Ein kleines mobiles Fußballtor stand zum spielen bereit, das eifrig genutzt wurde.
Bamba Gueye ist Tanzlehrer,Tänzer und Choreograph aus dem Senegal. Er ist auf traditionelle westafrikanische Tänze wie Sabar und Mbalax spezialisiert. Sein Wissen gibt er in Tanzkursen, sowie in Workshops mit Live Musik in Deutschland und ganz Europa weiter. Groß und Klein tanzte am Sonntag Mittag mit fliegenden Armen und Beinen und wippenden Hüften die Tanzschritte Bamba Gueyes nach, begleitet von drei Djembetrommlern.
Der Rapper und Hip-Hop Artist Fosace Jay der am Sonntag nach dem Tanzworkshop auftrat, ist gebürtig aus Clearwater, Florida. Er lebt seit einigen Jahren mit seiner Familie in Stuttgart und hat 2022 sein neues Album Polar Shift veröffentlicht. In diesem Album befindet sich das Spoken Word Poem „Love“, in dem der Künstler sehr vielfältig und gesellschaftskritisch an das Thema herangeht. Das Poem wird als Unterrichtsmaterial in Schulen verwendet, damit sich die SchülerInnen mit den Ansichten des Künstlers und den Facetten der Liebe auseinandersetzen können.
Außerdem spricht Fosace Jay während seinem Auftritt über ein geplantes Projekt mit dem erfolgreichen, Pianisten und klassischen Komponisten Ludovico Einaudi aus Italien. Die Zuschauer genossen den Künstler, der Neugier erweckte mit seinen auch sehr melodischen Stücken.
Außer Tänzer und Choreograph ist Bamba Gueye auch Chorist und Trommler. Mit seiner Band „Bégué Bayfall“ bespielt er nun die Bühne, vier Musiker mit Kenkeni-, Sabar- und Djembetrommeln sowie einer Kora. Auch seine neunjährige Tochter sitzt zwischen den Künstlern mit einer afrikanischen Rassel. Heute ist das Wetter sonnig und der Platz gut besucht. Es gibt einige Besucher, die mit den westafrikanischen Tänzen vertraut sind und vor der Bühne tanzen. Ein fröhliches Schauspiel.
Zum Abschluss betritt MySound mit Anthony Locks & Franca die Bühne. Anthony Locks ist ein individueller Charakter mit eigenem Stil. Seine musikalische Laufbahn begann er 1999 als Sänger mit einem Soundsystem. Anthony Locks rockt. Er rockt jung und alt, auch die Gäste auf dem Ernst-Reuter-Platz, mit Roots und Culture mit der Soul & Funk Sängerin Franca. Vor allem anderen ist er ein Live-Artist und der Produzent seines eigenen Albums. Er verdient den Namen „Reggae Rebel“ für seine spezielle Art des Auftritts und den Inhalt seiner Lieder. Der zweifache „German Reggae Award“ Gewinner aus Jamaika spielt eine Mischung aus Roots-Reggae, Reggae-Dancehall, Pop und Elektro. Und das ganze zusammen mit Texten zu Themen, die dem Multiinstrumentalisten wirklich am Herzen liegen.
Es war wieder ein schönes, buntes, fröhliches und friedliches Festival mit einem abwechslungsreichen fantastischen Bühnenprogramm und Künstlern aus unterschiedlichen Ländern, vorwiegend aus Westafrika. Danke für die wunderbaren Beiträge.
Wir danken vorallem den Gästen, die das Festival, auch während des Regens, belebt haben. Wir danken unseren Unterstützern und Förderern, finanziell wie materiell: Kulturamt Stuttgart, Bezirksamt Weilimdorf, Bau- und Heimstättenverein, Zahnarztpraxis im Wolfbusch, Scharr und dm und der freundlichen Genehmigung der Salvatorkirche, in Ihrer Gemeindeküche kochen zu können. Und wir danken allen Ehrenamtlichen, die das Festival unterstützt haben und mit ihrer Hilfe die Veranstaltung möglich gemacht haben.