Löwenzahn als Aperitif

Welcher Hobbygärtner ärgert sich nicht über das wildwachsende Unkraut in seinem Garten? Und doch können diese Wildkräuter, die Urpflanzen aller Kulturpflanzen, für den Menschen sehr wertvoll sein, wie Christine Rau-Lehleuter vom LandFrauenverein Münchingen beim jüngsten Monatsnachmittag der Sudetendeutschen Landsmannschaft zu berichten wusste.

Die Wildkräuterpädagogin erzählte dazu den zahlreichen Besuchern im „Haus der Begegnung“ in Giebel von den vielen Vorteilen dieser widerstandsfähigen und gesunden Pflanzen, die mehr gesunde Inhaltsstoffe enthalten als gezüchtete Pflanzen.
Dabei stellte Christine Rau-Lehleuter den Löwenzahn in den Mittelpunkt ihres Vortrages, der wegen seiner Bitterstoffe in Medizin, Volksheilkunde und Homöopathie als gesundheitsfördernde Pflanze große Anerkennung erfährt. Im Volksmund wegen seiner harntreibenden Wirkung gern als „Bettnässer“ oder „Pissnelke“ bezeichnet, hat der „Löwenzahn“ seinen Namen in erster Linie seiner Blattform zu verdanken, die Löwenzähnen gleicht. Der Wissenschaft als „Taraxacum officinale“ ein Begriff, gehört die „Pusteblume“ zu der Familie der Korbblütler, dessen Blüte die Bienen anzieht und so auch der Entwicklung der Bienenvölker dient.

Doch auch der Mensch lässt sich die Blüten des Löwenzahns in Form eines Gelees oder Honigs schmecken. Und wenn dann im Winter die ganze Kraft in der Löwenzahnwurzel steckt, wird die Wurzel ausgegraben um davon Tee oder auch einen Korn zu machen. Schließlich hat der Löwenzahn aufgrund der vielen Bitterstoffe und Vitamine, eine blutreinigende Kraft und regt sämtliche Verdauungsorgane sowie die Niere und die Blase an. Deshalb eignen sich die Blätter der Pflanze auch zur Zubereitung eines feinen Salat, dessen Bitterstoffe zwar für einen herben Geschmack sorgen jedoch für den Menschen sehr gesund sind. Aber auch in der traditionellen „Gründonnerstagssuppe“ vor Ostern, gehört der Löwenzahn als Kraut dazu. Und da er bekanntlich die Verdauungsorgane anregt, wird er gern auch einmal als Aperitif gereicht. Schließlich lässt sich auch Kaffee aus den Löwenzahnwurzeln zubereiten.

Damit auch die Gäste des Monatsnachmittages die Gesundheit des Löwenzahns einmal selbst schmecken konnten, verteilte Christine Rau-Lehleuter gemäß dem Spruch „Was bitter im Mund, hält den Magen gesund“, dann zum Abschluss ihres Vortrages noch ein paar persönliche Kostproben ihrer „Löwenzahn-Küche“, zu denen ein „Löwenzahnwurzelkorn“, ein „Kräutersalz“ und als süße Beigabe ein Brotaufstrich mit „Löwenzahnblütengelee“ zählte.

Engagiert für den Ausgleich mit Osteuropa

Sein Leben war geprägt vom Einsatz für die Menschen. Waren es in Krakau noch seine Professoren, die er während ihrer Festsetzung durch die Nationalsozialisten unter eigener Gefährdung mit Lebensmitteln und Decken versorgte, so waren es unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg die Vertriebenen und Flüchtlinge in Stuttgart, denen er als Stadtrat mit Beratung und selbstlosen Hilfsleistungen, den Start in ihrer neuen Heimat erleichterte.

Und schließlich war es der Ausgleich und die Verständigung mit dem östlichen Nachbarn, für die er als Bundestagsabgeordneter in Bonn seine Stimme erhob. Die Rede ist von Dr. Herbert Czaja, über dessen politisches Wirken seine Tochter, Christine Czaja, in einem Vortrag erzählte.

Bereits im vergangenen Jahr hatte die Tochter des CDU- Politikers beim Monatsnachmittag der Sudetendeutschen in Weilimdorf das Leben von Dr. Herbert Czaja bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges beleuchtet und setzte nun mit ihrem Vortrag über seine politische Arbeit im Bundestag und seine verbandspolitische Arbeit als Präsident des Bundes der Vertriebenen, ihren Bericht über das Leben ihres Vaters fort.
Durch einen Granatsplittter verwundet und am rechten Auge blind geworden, erreichte Dr. Herbert Czaja, vertrieben aus seiner oberschlesischen Heimat, im Jahre 1946 die zerstörte Stadt Stuttgart. Bereits als Student in Krakau politisch aktiv und geprägt durch seine Mitarbeit in der “Deutschen Christlichen Volkspartei”,deren Vorsitzender Senator Dr. Eduard Pant sein politisches Vorbild war, begann Dr. Herbert Czaja an der Aufbauarbeit in seiner neuen Heimat mitzuwirken. Neben seinem unermüdlichen Engagement für die zahlreichen Vertriebenen und Flüchtlinge in der Stadt, für deren Angelegenheiten der Oberschlesier aus Teschen stets Ansprechpartner war, fand der damalige Aushilfslehrer an der Wagenburg-Oberschule im Stuttgarter Osten auch bald eine politische Heimat und trat der Jungen Union und der CDU bei. Bereits bei der Stuttgarter Gemeinderatswahl im Jahre 1947, wurde der damals 32-jährige Dr. Herbert Czaja für die CDU zum Stadtrat gewählt und zog als einziger Vertreter der Vertriebenen in das Stuttgarter Rathaus ein. Dort kümmerte sich der Christdemokrat im Sozialausschuss um jeden Problembereich und machte auf die Notlage der Vertriebenen aufmerksam. In dieser Zeit lernte er auch Eva-Maria Reinhardt kennen, die selbst in der Bahnhofsmission sozial engagiert war, sie heiraten und aus dieser Ehe gingen zehn Kinder hervor. Als Stuttgarter Stadtrat wurde Dr. Herbert Czaja aber auch zu den Mitbegründern der Ackermann- Gemeinde und der Wohnungsbaugesellschaft “Neues Heim” und so zum Initiator des sozialen Wohnungsbaus in Stuttgart.
Doch dem CDU- Politiker lag vor allem eines am Herzen, der Ausgleich mit Osteuropa. So zog es Dr. Herbert Czaja in die Bundespolitik nach Bonn, wo er bei der Bundestagswahl im Jahre 1953 über die Landesliste der CDU als Stuttgarter Abgeordneter in den Bundestag gewählt wurde. Bereits seine erste Rede vor dem Deutschen Bundestag galt den Interessen der deutschen Heimatvertriebenen und der Verständigung mit den östlichen Nachbarn. Dabei setzte sich der oberschlesische Christdemokrat in einem von ihm durchgesetzten Zusatzartikel im Bundesvertriebenengesetz für die Wahrung des Rechts auf die Heimat und der angestammten Bürgerrechte jener Deutschen ein, die vor 1939 zu einer deutschen Minderheit gehörten. Wesentliche Inhalte des Bundesvertriebenengesetzes und des Lastenausgleichgesetzes, gehen auf den Stuttgarter CDU- Abgeordneten zurück, so dass sich Czaja über alle Parteigrenzen hinweg große Achtung für sein politisches Engagement erwarb. Bis 1990 gehörte Dr. Herbert Czaja dem Deutschen Bundestag an, war 25 Jahre lang Mitglied des Auswärtigen Ausschusses und wurde dort mit seiner Verständigungspolitik, die auch bei Sozialdemokraten und Liberalen Zustimmung fand, zum Brückenbauer zwischen Ost und West.
Christine Czaja, die 32 Jahre lang an der Seite ihres Vaters in Bonn lebte und dort sein politisches Wirken hautnah miterleben konnte, erzählte auch von den zahlreichen Wahlkampfveranstaltungen, die ihr Vater in ganz Baden-Württemberg zu absolvieren hatte und schilderte seinen unermüdlichen Einsatz als Verfechter des Rechtes auf die Heimat und die Menschenrechte. Fand der Bundestagsabgeordnete bis dahin am Wochenende noch Zeit für seine Familie, änderte sich das mit Antritt seines Amtes als Präsident des Bundes der Vertriebenen im Jahre 1970. So berichtete Christine Czaja, dass ihr Vater bereits nach der Wahl gesagt habe, dass das Amt des BdV-Präsidenten kein Posten für die Karriere,sondern ein Posten für den Verschleiß sei. Und er sollte recht behalten. Dr. Herbert Czaja hatte nicht nur mehr Aufgaben zu bewältigen, die zu einem 14-18-Stundentag führten. Er war nun plötzlich auch persönlichen Angriffen ausgesetzt, wurde als “Revanchist” und “Ewiggestriger” beschimpft, was auch für seine Familie zur Belastung wurde. 24 Jahre stand Dr. Herbert Czaja, dem die Familienzusammenführung und die Achtung der Rechte und Würde der östlichen Nachbarn immer am Herzen lagen, dem Bund der Vertriebenen vor. Am 18.April 1997 starb der engagierte Vertriebenenpolitiker, für den der Ausgleich mit Osteuropa zum Lebensmotto wurde.
Helmut Heisig
– SL- Weilimdorf –

_Foto 1 (privat): Christine Czaja erzählte vom politischen Wirken ihres Vaters, Dr. Herbert Czaja, beim Monatsnachmittag der Sudetendeutschen Landsmannschaft Weilimdorf. Links die Obfrau der Weilimdorfer Sudetendeutschen, Waltraud Illner._

_Foto 2 (privat): Christine Czaja (Mitte) erzählte vom politischen Wirken ihres Vaters, Dr. Herbert Czaja, beim Monatsnachmittag der Sudetendeutschen Landsmannschaft Weilimdorf. Links Obfrau Waltraud Illner, rechts Ehrenobmann Ernst Merkl der Sudetendeutschen Landsmannschaft Weilimdorf.