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Quo Vadis Waldcontrolling?

Bereits vor der Sommerpause hat der Weilimdorfer Bezirksbeirat den Wald als zukünftiges kommunales Thema entdeckt und die Stadtverwaltung um eine Vorstellung des Grüngürtels rund um den Stadtbezirk gebeten. In der ersten Sitzung nach den Wahlen und der Sommerpause nun stellte die Leiterin vom Staatlichen Forstamt in Stuttgart Frau Oberforsträtin Erdin-Schwill das Thema den Bezirksbeiräten vor. Jedoch lag Erdin-Schwill nicht nur der Wald am Herzen – sondern auch eine verbitterte Abrechnung mit der Verwaltungsreform des Landes Baden-Württemberg, die ab 2005 das bisherige Staatliche Forstamt als Landesbehörde auflöst und den Staatswald in die kommunale Verantwortung der Städte und Gemeinden mit ihren Liegenschaftsämtern übergibt. Dies, so Erdin-Schwill zieht nicht nur Einsparungen an Personal mit sich, sondern hat auch Auswirkungen auf die Pflege der Wälder (Neudeutsch “Wald-Controlling”), die in Stuttgart in erster Linie als Naherholungsgebiet dienen und erst in zweiter Hinsicht wirtschaftlich betrachtet werden: “Die Stuttgarter werden es in Zukunft an weniger gepflegten Wegen und Waldspielplätzen merken, dass die Gelder fehlen”. Die Reform zieht aber nicht nur persönliche Konsequenzen für die Mitarbeiter des Forstamtes mit sich (Wandlung des Beamtenstatus, Umzüge), sondern auch entsprechende Gebietsreformen. So wird in Zukunft strikt geteilt – der Staatswald zwischen Stuttgart und Gerlingen, der Rotwildpark, wird in Zukunft zur einen Seite von der Landeshauptstadt und zur anderen Seite vom Landkreis Ludwigsburg bzw. Böblingen gepflegt. “Immerhin hat die Stadt Gerlingen einen eigenen Forstausschuss und wird den Wald rund um die Schillerhöhe selber pflegen. Und da weiss ich, dass der Wald in guten Händen ist!” erklärte die Leiterin des (Noch-)Forstamtes staatlicherseits. Doch leider binde die Verwaltungsreform mit ihrem Paragraphendschungel derzeit viel Arbeitszeit und -kräfte, der Wald hat im Moment einfach das Nachsehen: “Quo vadis Waldgebiete” drängt sich da auf.

Für Weilimdorfs Waldflächen ändert sich im Grundsatz eigentlich nichts. Denn auch wenn Weilimdorf zu zweidritteln von Wald umgeben ist, die wenigste Fläche davon gehört auch zum Stadtbezirk! Besonders der Wald im Süden des Bezirks gehört mehrheitlich zum Stadtbezirk Stuttgart-West, im Osten mehrheitlich zu Feuerbach. Von rund 5.000 Hektar Waldfläche in Stuttgart sind “politisch gesehen” nur etwa 280 Hektar definitiv auf Weilimdorfer Gemarkung. Und davon wiederum sind 70 Prozent bereits unter städtischer Pflege, 21 Prozent (wie der Fasanengarten) noch in staatlicher Pflege und 9 Prozent (wie der Maierwald und Teile des Lindentales) in privatem Besitz. Statistisch gesehen sind im Stuttgarter Stadtgebiet rund 50 Baumarten zu finden, davon sind 79 Prozent Laubwald (wie Eichen und Buchen) und 21 Prozent Nadelwald (aufgeteilt in 11 Prozent Kiefern, 6 Prozent Fichte und 4 Prozent sonstige Nadelgehölze). Und der Zustand der Bäume rund um Weilimdorf ist erschreckend: die anhaltende Trockenheit seit Februar 2003 zeigt nun deutlich ihre Spuren, insbesondere bei vielen rund 100jährigen Eichen im gesamten Waldgebiet sind massive Trockenschäden sichtbar, viele bereits sogar tot.

Wenn die Neuordnung der ehemaligen staatlichen Forstverwaltung und der Liegenschaftsämter abgeschlossen ist, wird sicherlich wieder der Wald in den Vordergrund rücken – und da gilt es vor allem, die Vorstellungen der Bürger und die der “Profis” unter einen Hut zu bringen. Denn einige Bürger stellen sich den Wald als natürlichen Urwald mit Dschungelfunktion vor, andere wiederum als reine Parklandschaft mit Rasen unter den Bäumen. “Es rufen auch Jogger an, die sich über Unebenheiten auf Waldwegen beschweren!” schmunzelte Erdin-Schwill: “Das haben wir fast täglich. Sie glauben garnicht, mit welchen Dingen uns die Bürger telefonisch befragen.” Doch wenn mal nicht das Telefon klingelt, dann geht es um Langfristprojekte und -aussichten. Denn der Wald wird mit 10-Jahres-Plänen und Zustandsbeschreibungen bewirtschaftet. Und letztmals wurde 2003 das “Blatt mit Zustandsbeschreibung” rund um Stuttgart aufgestellt. So bleibt nun also bis 2013 Zeit, die Verwaltungsreform umzusetzen. Die jährlichen Planungen an den Arbeiten in der Waldwirtschaft sind da das kleinere Übel, die auch machbar sind, sofern kein Orkan wie Wiebke (1990) oder Lothar (1999) nicht alles im wahrsten Sinne des Wortes durcheinander wirbelt.

Foto (Archiv): das Lindental ist Weilimdorfs Ausflugsziel in den Wald schlechthin.

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