Stelen zur Geschichte Weilimdorfs auf dem alten Friedhof aufgestellt

(TOM) Auf dem Alten Friedhof in Weilimdorf stehen seit kurzem zwei Stelen, die an die Adligen vom Bergheimer Hof und die Retter von Weil­imdorf erinnern. Aufgestellt wurden die Stelen vom Weil­imdorfer Heimatkreis.

Der Weilimdorfer Heimatkreis war dieses Jahr in Sachen Historie des Stadtteils schon sehr aktiv. Im Juni hatte der Verein 13 Schilder an historischen Gebäuden angebracht (Weilimdorf.de berichtete) und damit die Geschichten von Weilimdorf erlebbar gemacht. „Mit den Schildern ist ein historischer Stadtrundgang entstanden“, hatte Bezirksvorsteher Julian Schahl bei der offiziellen Einweihung erklärt.

Vor kurzem konnte der Heimatkreis nun zwei Stehlen einweihen, die ebenfalls die Weilimdorfer Geschichte erlebbar machen. Zu finden sind diese Stelen auf dem Alten Friedhof nahe der Feierhalle, bei den beiden Denkmalen, die an die adligen Besitzer des Bergheimer Hofes erinnern. Die Denkmale und die Adeligen vom Bergheimer Hof sind Thema der ersten Stele.

Das größere der beiden Denkmale erinnert an Freiherr Gottlob Friederich von Naso, dem der Bergheimer Hof um die 1870er Jahre gehörte. Naso diente auf Schloss Solitude und starb 1811 auf dem Bergheimer Hof. Seine Familie war mit der Familie von Friedrich Schiller befreundet, die ab 1775 auf der Solitude lebte. Die Töchter Nasos und sein Enkel waren Patenkinder der Mutter des Dichter. Vom Vater des Dichters, dem Hauptmann und Pomologen Johann Caspar Schiller lernte der Freiherr viel über Anbau und Viehzucht und vor allem über die Obstbaumzucht.

Nasos Tochter Karoline heiratete Friedrich Jakob Notter, Sohn des Bankiers und Hofkammerrates Johann Martin Notter, der als reichster Mann des Herzogtums Württemberg galt. 1812 erbte Friedrich Notter (1801 bis 1884) den Hof von seinem Vater. Der Schöngeist – er war Autor, Übersetzer und Politiker – hatte kein Interesse an dem Gutshof und übertrug ihn an seine Schwester Elisabeth (1809 bis 1903) und deren Mann, den Finanzrat Heinrich von Märklin. Das Ehepaar verpachtete den Bergheimer hof an die Agrarökonomen I. D .G. Reinhardt und C. H. Lempp. Sie machten das Anwesen zu einem Musterhof.

Schöngeist Friedrich Notter ließ für sich und seine Frau Charlotte, geborene von Theobald, vom Erbauer der Wilhelma, Karl Ludwig von Zanth auf der anderen Seite der Solitude-Allee ein Landhaus im pompejanischen Stil bauen – das Berkheimer Schlössle (Anm. d. Red.: Bergheim wurde damals noch mit k geschrieben). Charlotte starb nach 16 Ehejahren mit 45 Jahren. Ihr ist das kleinere Denkmal auf dem Alten Friedhof gewidmet.

Aufgrund seiner Verdienste wurde Notter übrigens geadelt. An sich als Autor hatte er sehr hohe Ansprüche und veröffentlichte deshalb nur wenige seiner Werke. Zu seinem Freundeskreis zälten so bekannte Schriftsteller wie Gustav Schwab, Ludwig Uhland und Eduark Mörike. Nach dem Tod von Notter erbten das Schlössle sein Schwager Heinrich Märklin und seine Schwester Elisabeth. Der Bergheimer Hof ging 1903 in den Besitz der königlichen Hofkammer über. Das Schlössle wurde schließlich verkauft und kam in Besitz von Adolf Körner, seines Zeichens Eigentümer des Cotta-Verlages.

Im Obergeschoss des Schlössles wohnte im Zweiten Weltkrieg die Familie Bihr. Beim Luftangriff auf Weilimdorf am 28. Januar 1945 erlebten die damals 15-jährige Anneliese Bihr und ihre Mutter mit, wie einige Gebäude des Bergheimer Hofs und auch das Schlössle in Flammen aufgingen. Gelöscht werden konnte damals nicht, denn das Löschwasser war bei 20 Grad Außentemperatur gefroren.

Auf dem Areal des Bergheimer Hofes stand damals eine sogenannte Scheinanlage, die Bombenabwürfe auf sich ziehen sollte. Um entstehende Brände im Stadtgebiet zu simulieren, wurden vorbereitete Brandstellen entzündet, auf die die Piloten weitere Bomben abwerfen sollten, um so die Stadt zu schützen. Die Scheinanlage hinterließ nach Kriegsende nur wenige Spuren auf dem Gelände. Tatsächlich erfuhr die Mehrheit der Bevölkerung von der Anlage erst nach dem Krieg. Wegen der Scheinanlage stößt man bis heute bei Bauarbeiten in Giebel, Bergheim und Gehenbühl immer wieder auf Blindgänger.

Die Geschichte der Scheinanlage ist wie die Geschichte der „Retter von Weil im Dorf“. Bei diesen Rettern handelt es sich um zwei französische Zwangsarbeiter und die Weilimdorfer Eugen Müller und Adolf Notter.
Müller und Notter, die in der Reisachsiedlung lebten, gingen den einmarschierenden französischen Truppen auf dem Gerlinger Sträßle mit einer weißen Flagge entgegen. Unterwegs trafen sie Louis Moise Bouleau und Augustin Leclercq, die als Zwangsarbeiter auf dem Hof der Kriegerwittwe Emma Hummel arbeiteten. Die beiden Franzosen erklärten den Soldaten, dass es ihnen in Weilimdorf immer gut gegangen sei und vor allem auch, dass sich im Ort keine Soldaten mehr befinden. Dadurch verhinderten die Männer die für den 22. April 1945 geplante Bombardierungen.

Bei der Einweihung der Stelen im Kreise der Vereinsmitglieder erinnerte die Vorsitzende des Weilimdorfer Heimatkreises, Edeltraud John, dass es Helmut Maier, der heute in Hochdorf lebt, zu verdanken sei, dass die Geschichte der „Retter von Weilimdorf“ mit den Stelen eine Würdigung gefunden haben. Insgesamt seien die Stelen ein weiteres Projekt zur Erinnerungskultur. Es ist durchaus vorstellbar, dass noch weitere solche Stelen hinzukommen. In dem Zusammenhang sprach John Maurus Baldermann, vom Garten-, Friedhofs- und Forstamt der Stadt Stuttgart einen großen Dank aus. Baldermann. habe die Idee, die Stelen auf dem Alten Friedhof aufzustellen von Anfang an unterstützt. Ein Dankeschön sprach die Vorsitzende auch der Grafikerin Uta Neumahr, die die Tafeln gestaltet hat sowie dem Steinmetz Stefan Machmer, der die Stelen aufgestellt hat, aus ebenso wie den Vereinsmitgliedern, die sie beim Erstellen der Texte, etc. unterstützt haben sowie beim Bezirksbeirat, der das Projekt mit 2.500 Euro aus dem Bezirksbudget bezuschusst hat (Weilimdorf.de berichtete). (tom)

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