Literarischer Spaziergang Solitude-Allee und Schloss Solitude

Ohne Rücksicht auf Topografie und Grenzen ließ Herzog Karl Eugen von Württemberg (1728-1793) in den Jahren 1764 bis 1768 eine ca. 13 km lange, schnurgerade Straße vom Schloss Ludwigsburg zum neu errichteten Schloss Solitude bauen.

Einziger Zweck war der Wille des Herzogs, seine ohnehin schon ausschweifenden Vergnügungen am Hofe von Ludwigsburg auszudehnen. Sein Hof sollte der „am meist glänzende von ganz Europa“ sein, wie Giacomo Casanova in seinem Tagebuch von 1760 schrieb. Karl Eugen wollte sein eigenes Versailles, organisierte die spannendsten Jagden, die teuersten Theater und Bälle, zu denen er die besten Künstler und die schönsten Damen – insbesondere aus Italien – bestellte. Die Tänzerinnen mit blauen Schuhen zeigten an, dass sie zu den zahlreichen Mätressen des Herzogs auserwählt waren.

Dies und weiteres aus dem Leben des Herzogs erzählte Christoph Schmid vom Weilimdorfer StadtSeniorenRat beim 17. Literarischen Spaziergang vom Bergheimer Hof bis zum Fuß des Anstiegs zum Schloss Solitude am Freitag, 18. August 2017. In den 70er Jahren, Karl Eugen war 42 Jahre alt, verlagerte der Herzog sein Interesse unter dem Einfluss seiner Lieblingsmätresse Franziska fast nur noch auf Landwirtschaft und die Bildung seiner Untertanen. Er gründete 1773 auf Schloss Solitude die „militärische Pflanzschule“ für Knaben, die er nach einem Jahr nach Stuttgart verlagerte und in „Hohe Karlsschule“ umbenannte. Die begabten Knaben wurden von ihren Familien getrennt und ganz unter die Erziehung des Herzogs gestellt. Dies traf auch den 13 – jährigen Friedrich Schiller.

Sein Vater war ab 1775 Vorstand der Hofgärtnerei auf der Solitude und lebte dort mit der restlichen Familie. Johann Caspar Schiller förderte den württembergischen Obstbau. Er war in Kontakt mit den Eigentümern und Pächtern des Bergheimer Hofes. Seine älteste Tochter war Patentante von Friedrich von Notter.

Unter dem Zwang und Entzug von Freiheit schrieb Schiller sein Erstlingswerk „Die Räuber“. Das herzogliche Verbot jeglicher Schreiberei gipfelte 1782 in der Flucht aus Württemberg. Christoph Schmid erklärte die Handlung des Dramas und rezitierte zur Begeisterung der Spaziergänger einige Passagen aus Schillers impulsivem Werk. Es wurde klar, weshalb „Die Räuber“ beim damaligen Publikum entweder geliebt oder verdammt wurden. Auch jetzt ist das Werk für einige unter uns Anlass „Die Räuber“ zu ihrer nächsten Lektüre zu machen.

Nach dem Tod von Herzog Karl Eugen wurde das Schloss vernachlässigt. Die Solitudestraße durfte nun auch von Weilimdorfern genutzt werden, was vorher streng verboten war. Der erste König von Württemberg, Wilhelm I., hat 1818 die Vermessung des Landes angeordnet. Als Basisstrecke zur Württembergischen Landesvermessung war die geradlinige Allee bestens geeignet. Die Zuhörer erfuhren von Christoph Schmid einiges über die Triangulation, den Sinussatz und hörten von den Problemen, welche Professor Dr. Bohnenberger zu lösen hatte.

Gerade noch rechtzeitig vor heftigem Regen erreichten die Gäste des Literarischen Spaziergangs zum frohen Ausklang das Tennisstüble „Las Tapas de Carmen“ unweit der Haltestelle Wolfbusch.

4. Literarischer Spaziergang durch den Neuen Friedhof in Weilimdorf

Am letzten sonnigen Herbsttag, dem Dienstag in der Seelen- und Trauerwoche, begeisterten sich wiederum fast 40 Bürgerinnen und Bürger aus Weilimdorf für den Spaziergang durch den Neuen Friedhof.

Am letzten sonnigen Herbsttag, dem Dienstag in der Seelen- und Trauerwoche, begeisterten sich wiederum fast 40 Bürgerinnen und Bürger aus Weilimdorf für den Spaziergang durch den Neuen Friedhof.

Vom Treffpunkt am unteren Eingang Köstlinstraße ging es mit lyrischen Versen und geschichtlicher Erläuterungen von Christoph Schmid zunächst zum Ehren- und Mahnmal für die Kriegstoten der beiden Weltkriege. Hier wird jährlich zum Volkstrauertag nach der Gedenkfeier vom Volksbund „Deutsche Kriegsgräberfürsorge“ ein Kranz niedergelegt und das Lied gespielt „Der gute Kamerad“. Dieses Lied wurde in der Zeit der Nationalsozialisten missbraucht zu einer vom Volkstrauertag zum Heldengedenktag mutierten Verherrlichung der 1935 wieder eingeführten Wehrpflicht. Dem stellte Christoph Schmid das Lied von Udo Lindenberg gegenüber „Wozu sind Kriege da?“, eine Anregung wie künftig die musikalische Umrahmung bei der Kranzniederlegung gestaltet werden könnte. Udo Lindenberg, der sich mit Hermann Hesse verbunden fühlt, ist Initiator einer Stiftung zur Förderung junger Musiker und Texter, „um neue Wege gegen das Mitmarschieren in der Masse zu suchen, provokant zu schreiben und sich nicht anzupassen“, wie Lindenberg sagt.

Nur wenige Schritte weiter besuchte die Gruppe das Grab von Fritz Bäzner, dem Weilimdorfer Schultes (Bezirksvorsteher) von 1979 bis 1989, zu dessen Amtszeit wichtige und oft strittige Vorhaben in Weilimdorf geplant und realisiert worden sind. Dabei war Bäzner außerordentlich beliebt ob seiner menschlichen Wärme, und es werden gerne allerlei lustige Anekdoten erzählt.

Ein besonderes Erlebnis war beim Spaziergang der Besuch der Feierhalle, wo Schmid, untermalt von mystischen Klängen, das Gedicht „Hoffnung“ von Friedrich Schiller rezitierte.

Zum Abschluss des Nachmittags, es dämmerte bereits, führte der Spazierweg noch zur ersten Grabstätte vom August 1961 von Rosa Mohr aus dem Sudentenland mit einem von der Stadt gestifteten Grabmal. Das Grab steht unter Denkmalschutz, wie auch die Gebäude und die gesamte Anlage. Im August 1971 wurde der Neue Friedhof mit dem Paul-Bonatz-Preis ausgezeichnet. Die Bürgerinnen und Bürger Weilimdorfs sind stolz auf ihren Neuen Friedhof, einen der schönsten Stuttgarts. Kein Wunder, dass die Anlage immer wieder zum Spaziergehen genossen wird und durch diese Veranstaltung mancher der gehörten Verse wieder in Erinnerung gekommen ist.

Mit den aufmunternden Worten des Herbstliedes von Theodor Storm ging es abschließend zum Trompetle, um dort – wer noch Lust hatte- die Unterhaltung fortzusetzen.

Organisiert wurde der literarische Spaziergang vom Stadtseniorenrat Weilimdorf.