Weilimdorfer Gewerbegebiet soll bis 2035 klimaneutral werden

(tom) In der Sitzung des Weilimdorfer Bezirksbeirates am Mittwoch, 20. September 2023, stand die Entwicklungskonzeption Wirtschaftsflächen für Stuttgart ganz oben auf der Tagesordnung.

Zur Sitzung des Weilimdorfer Bezirksbeirates konnte die Stellvertretende Bezirksvorsteherin Erika Rosenitsch Lea-Sophie Gräter vom Amt für Stadtplanung, Markus Hertner von der Abteilung Wirtschaftsförderung der Stadt Stuttgart, sowie Christine von Raven vom Büro Transsolar Energietechnik begrüßen.

Gräter erläuterte eingangs, dass bei der Entwicklungskonzeption Wirtschaftsflächen für Stuttgart neben dem Gewerbegebiet Weilimdorf auch Flächen in Vaihingen/Möhringen, Feuerbach und Zuffenhausen im Fokus stehen. Für die Gebiete wurden jeweils standortspezifische Handlungsprogramme erarbeitet. In Weilimdorf ist das eine Thema das freiräumliche Gestaltungskonzept. Das zweite Thema ist mit „Klimaneutrales Gewerbegebiet Weilimdorf 2035“ überschrieben.

Das vom Planungsbüro Ramboll Studio Dreiseitl erarbeitete das freiräumliche Gestaltungskonzept. Dies habe man bereits im vergangenen Jahr im Bezirksbeirat vorgestellt, hielt Gräter fest. Eine erste Umsetzung sei durch die punktuelle Umgestaltung der Motorstraße – z.B durch vorgelagerte Bushaltestellen, Baumpflanzungen mit Rigolen – bereits erfolgt. Erfreulich sei, dass auch einige Unternehmen in der Motorstraße ihre Flächen bereits neu gestaltet hätten. Das sei eine deutliche Aufwertung für den Straßenzug. Für weitere Maßnahmen wie die Neugestaltung des Straßenraums der Motorstraße, die Aufwertung des Lindenbachs nördlich und südlich der Motorstraße als „blaue Mitte“ werde derzeit die Ausschreibung für die nächsten Planungsphasen vorbereitet.

Bezüglich der ebenfalls im Bezirksbeirat vorgestellten Machbarkeitsstudie „städtebaulich-freiräumliche Weiterentwicklung Nord-Süd-Korridor“ die eine maßvolle bauliche Ergänzung und eine Erweiterung der Grünflächen darstellt, habe man mit den Eigentümern im März diesen Jahres erste Gespräche geführt. Von der Mehrzahl der Eigentümer habe man eine positive Interessensbekundung erhalten. Hier soll abhängig von der Mitwirkungsbereitschaft der privaten Grundstückseigentümer die Auslobung eines städtebaulich-freiräumlichen Planungswettbewerbs vorbereitet werden.

Christine von Raven berichtete anschließend über die Ergebnisse der Konzeptstudie, die Transsolar für das Gewerbegebiet Weilimdorf erstellt hat. Angesichts steigender Energiekosten und der Umsetzung der Energiewende gewinne der Klimaschutz und die Energieeffizienz zunehmend an Bedeutung. Dabei würden den Gewerbegebieten, die einen großen Anteil an Energie und Ressourcen benötigen, eine zentrale Rolle zukommen. Tatsächlich seien 45 Prozent der städtischen Kohlendioxid-Emissionen auf Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen zurückzuführen, so von Raven. Dementsprechend gebe es in Gewerbegebieten ein großes Potential zur Senkung des Primärenergieverbrauchs.

Grundlage der Studie seien Daten zu tatsächlichen Energieverbräuchen für Strom, Heizstrom, Gas etc., ergänzt durch Daten zur Straßenbeleuchtung und Nutzflächen der Gebäude sowie Umfragen und Interviews: „Insgesamt kann man feststellen, dass die Unternehmen das Thema Klimaschutz und Energie ernst nehmen“, hält von Raven an dieser Stelle fest. Für die Studie sei das Weilimdorfer Gewerbegebiet in mehrere Cluster, also Bereiche in denen ähnliche Nutzungen vorherrschen (Büros, Speditionen, Kleingewerbe, Produzierendes Gewerbe), aufgeteilt worden.

Zum Energieverbrauch erläuterte die Projektingenieurin, dass es je nach Gewerbe sehr unterschiedliche Verbräuche an Heizöl, Gas und Strom gibt. Ferner erklärte sie, dass es im Gebiet zwar bereits Photovoltaik gebe, das Potential für weitere Anlagen sei aber noch groß. Auch die Nutzung von Windenergie sei geprüft worden, aufgrund der geringen Energieausbeute aber als nicht sinnhaft beurteilt worden.

Im gesamten Gebiet würden aktuell rund 53.000 Tonnen Kohlendioxid emittiert, so von Raven weiter. Durch die bereits vorhandenen Photovoltaikanlagen werde lediglich gut ein Prozent dieser Emissionen eingespart. Würden 50 Prozent aller Dachflächen und 100 Prozent aller bestehenden Parkplatzflächen mit Photovoltaik versehen würde dieser Anteil auf knapp zehn Prozent steigen. Daraus folge, dass im Gebiet selbst nicht so viel klimaneutrale Energie erzeugt werden kann wie benötigt wird.

Grundsätzlich sei festzuhalten, um Klimaneutralität im Gewerbegebiet zu erreichen, als erstes das Einsparpotential und die Effizienzsteigerung voll ausgeschöpft werden muss um den Energieverbrauch zu reduzieren. Im zweiten Schritt gehe es dann darum die Systeme zu vernetzen und zum Beispiel Abwasserwärme, Abwärme aus Industrieprozessen aber auch Geothermie oder Außenluftwärmepumpen zu nutzen und bei den Fuhrparks und privat genutzten Pkw auf Elektroantriebe umzustellen. Im dritten Schritt gehe es dann darum Energie innerhalb des Gewerbegebietes etwa mittels Photovoltaik bereitzustellen und die darüber hinaus benötigte Energie in Form von klimaneutral produzierter Energie zu beziehen. Diese „Energieimporte“ machen am Ende rund 40 Prozent des Energiebedarfs aus.

Um zu erreichen, dass das Gewerbegebiet Weilimdorf bis 2035 klimaneutral ist, müsse noch in der ersten Hälfte diesen Jahrzehnts alle Maßnahmen zur Verringerung des Energiebedarfs in die Umsetzung gelangen, fasst von Raven zusammen. Die Umstellung von Systemen insbesondere in der Wärmebereitstellung seien Bausteine mit einem größeren Infrastruktur- und Planungsaufwand. Entsprechende Vorbereitungen müssten heute beginnen damit bis 2030 entscheidende Meilensteine umgesetzt sind. Ferner sei die flächendeckende Installation von Photovoltaikanlagen eine Schlüsselmaßnahme.

Mirjam Gegler (Bündnis 90/Grüne) erklärte, ihre Fraktion begrüße die Neugestaltung der Motorstraße sehr. „Wir würden uns wünschen, dass Planungsmittel für weitere Schritte bereitgestellt werden.“ Zur Studie meinte Gegler, dass es durchaus ernüchternd sei, dass es in dem Gebiet nicht ohne Energie von außerhalb klimaneutral zugehen kann. Sie regte an, für einzelne Unternehmen – sozusagen als Anregung – Berechnungen erstellt werden könnten, wo und wie Energie eingespart werden kann. Ferner wollte sie wissen ob mit den besonders großen Energieverbrauchern bereits über konkrete Maßnahmen gesprochen wurde beziehungsweise ob es schon Pläne gebe. Außerdem sehe man die Prozesswärme, die im Gewerbegebiet entsteht auch als große Chance für ein kommunales Wärmenetz. Und last but not least sei in Sachen Verkehr neben dem Ausbau des ÖPNV auch der Ausbau der Radinfrastruktur wichtig. Gräter erklärte, dass man die nötigen Planungsmittel fest im Blick habe. Weiter hielt sie fest, dass die Gespräche mit den Eigentümern sehr komplex seien: „Das ist ein längerer Prozess, aber wir kommen voran”.

Jürgen Raiser (FW) erklärte, seiner Fraktion sei wichtig, dass die Firma Bauder einbezogen wird. Das Unternehmen produziere viel Abwärme, die für ein lokales Wärmenetz genutzt werden könne. Hertner erklärte, dass sich die Firma Bauder an der Studie beteiligt habe. Zudem habe die Firma angesichts der Energiepreise ein großes Eigeninteresse seinen Energiebedarf zu reduzieren. Dieses Interesse hätten im übrigen alle Firmen im Industriegebiet.

Dr. Erik Hoffmann (PULS) fragte nach, woran es liege, dass die Stadt die PV-Anlagen auf offenen Flächen nicht ausbaut. Gräter erklärte, dass derzeit bezüglich der Freiflächen-Photovoltaik eine Untersuchung laufe. Dadurch werde man eine gut aufbereitete Darstellung zu dem Thema erhalten.

Peter Hanle (Die FrAKTION) hielt fest, dass die Studie den Bestand und auch die Bedarfe aufzeige. Die Frage, wie die angesprochenen Themen umzusetzen sind fehle ihm allerdings. Ferner wollte Hanle wissen, ob bei den Planungen die Stadtwerke mit im Boot sind. Hertner erläuterte in dem Zusammenhang, dass zur kommunalen Wärmeplanung voraussichtlich noch im Oktober dieses Jahres eine Wärmeplanung geben werde. Die Stadtwerke seien natürlich mit im Boot.

Dieter Benz (SPD) bat darum, bei den Planungen für das Gewerbegebiet auch daran zu denken, dass es in Weilimdorf Handwerker gebe, die dringend nach Platz suchen. Ferner hielt Benz fest, dass bei den Planungen für ein klimaneutrales Gewerbegebiet Dinge genannt würden, wie ein Wärmenetz, das im Bezirksbeirat schon vor zehn Jahren diskutiert wurde. Zum Thema Handwerksbetriebe erklärte Gräter, dass man die im Blick habe und sie beim nächsten Konkretisierungsschritt auch berücksichtigen werde. Bezüglich dem Wärmenetz und anderer genannter Dinge erläuterte von Raven, dass der entscheidende Punkt sei, dass nun alles zusammen gedacht wird. Tatsächlich gebe es da noch viele strukturelle Probleme, an denen intensiv gearbeitet werden.

Der Bezirksbeirat nahm die Entwicklungskonzeption schließlich mit einem positiven Votum zur Kenntnis.

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